Freitag, 8. September 2000
11:15 Uhr
Cleveland Clinic, Cleveland, Ohio
Hätte der Mann mit den traurigen Augen Sara Zuckerman ein Jahr und drei Tage später aufgesucht, vielleicht hätte sie ihm geholfen. Sie hätte sich die Fotografie, die er vor sie auf den massiven Schreibtisch aus dunkler Eiche legte, vermutlich genauer angesehen. Nun aber betrachtete sie das Bild nur flüchtig, schob es dann weg und schüttelte den Kopf.
»Den habe ich noch nie gesehen.«
Ein entwaffnendes Lächeln. Mit der rechten Hand schob sie ihre Haare hinters Ohr, ehe sie die Lüge besiegelte: »Noch nie im Leben.«
»Sicher?«
Der Mann ließ ihren Blick nicht los. Seine vermutlich blauen Augen wirkten in der scharfen Sonne schmutzig grau. Sie waren groß, auch mit zusammengekniffenen Lidern, und die Augenwinkel zogen sich in einem Ausdruck ewiger Tristesse nach unten. Sara nahm an, ein Mann in seiner Position habe allen Grund, niedergeschlagen zu sein. Der Mund war groß unter einem sorgfältig gestutzten kräftigen Schnurrbart.
Sara Zuckerman war nach kurzer Zeit klar gewesen, woher er kam. Ihr wurde oft vorgeworfen, von allen das Schlechteste anzunehmen. Auch diesmal war sie sich schnell sicher, ohne dass sie hätte sagen können, weshalb. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, um seinen Ausweis zu bitten. In der Branche, in der dieser Mann arbeitete, wurde man mit Papieren ausgestattet, die so falsch wie meisterlich hergestellt waren. Als er ihr dennoch eine Dienstmarke desU. S. Marshals Service hinhielt, schüttelte sie den Kopf.
»Was soll dieser ... was haben Sie gesagt, wie heißt er?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber was soll er denn angestellt haben?«, fragte sie beiläufig und schob das Foto noch ein Stück weiter von sich weg.
»Darüber darf ich nichts sagen.«
»Nein. Das dürfen Sie wohl nicht.«
»Wir wissen aus zuverlässiger Quelle, dass er hier gewesen ist.«
»Das ist natürlich möglich. Die Cleveland Clinic ist ein großes Krankenhaus. Bei mir war er allerdings nicht.«
»Dann erlauben Sie vielleicht, dass ich mich ein wenig umhöre? Bei den anderen Ärzten auf der Station, bei den Krankenschwestern, bei ...«
»Nein.«
»Nicht?«
Der Mann, der sich als Charles Gerstner vorgestellt hatte, hob die Augenbrauen und ließ sich im Sessel zurücksinken. Sara Zuckerman nahm die Andeutung eines Lächelns wahr, als er hinzufügte: »Eine Spur unpatriotisch, was? Es geht immerhin um ...«
»Sie sind so wenigU. S. Marshal, wie ich die Ministerpräsidentin von Israel bin«, fiel sie ihm ins Wort. »Und es ist auch kein Zufall, dass Sie gerade zu mir kommen.«
Sie glaubte, ihn schlucken zu hören.
»Ich mag Sie nicht«, sagte sie e