Kapitel 1
Ich starrte auf den grellen pinkfarbenen Stringtanga über dem Treppengeländer. Bereits gestern Abend hatte ich einen ersten Eindruck von meinem neuen Nachbarn bekommen, als meine Arbeit von durchdringendem Gequieke aus der Wohnung nebenan jäh beendet wurde.
Die Freundin meines Nachbarn war beim Sex laut.
Mehr als laut.
So frustrierend es auch war, ich konnte nichts tun. Sie brauchten so lange (ich musste ihnen Pluspunkte für Durchhaltevermögen zubilligen), dass es dann Zeit für mich war, schlafen zu gehen, und ich war kaum zum Arbeiten gekommen.
Und jetzt trocknete das Höschen des Quietscheentchens auf meinem Geländer.
Die Vorstellung, dass sich mein sauberes, gepflegtes Treppenhaus in einen Schauplatz vonShameless verwandelte, entsetzte mich.
Als die Wohnungstür meines Nachbarn aufging, riss ich meine Aufmerksamkeit von dem String los und sah zur Tür.
Ein extrem großer Mann trat heraus. Er telefonierte. Mein Blick wanderte über die breiten Schultern und den muskulösen Bizeps und blieb an dem schwarzen Tattoo hängen, das einen guten Teil seines rechten Unterarms bedeckte. Es sah aus wie ein keltisches Symbol, ein Schwert, über dem sich ein Halbkreis wölbte und beide Seiten des Heftes miteinander verband.
»Sprich mit Dad«, murmelte der Mann, was meinen Blick von dem Tattoo auf sein Gesicht lenkte. »Wie auch immer deine Entscheidung ausfällt, ich bin dabei.«
Sein dunkles Haar war kurzgeschnitten, und sein Dreitagebart betonte seine markanten Züge. Das alles war des Guten zu viel für mich. Ich bevorzugte schlanker gebaute, glattrasierte und weitaus weniger furchteinflößende Männer.
Plötzlich fand ich mich im Bann seines Blicks gefangen.
Ich erstarrte. Die Hitze, die sich unter seiner Musterung auf meinen Wangen ausbreitete, machte mich nervös. Er hatte die außergewöhnlichsten Augen, die ich je gesehen hatte; sie waren klar und leuchtend. Wunderschöne, auffallende, von schwarzen Wimpern umrahmte violette Augen. Sie milderten die Härte seiner Züge ein wenig.
Sein Blick gab mich frei, glitt an mir herunter und dann wieder herauf. Danach wurde ich mit einem höflichen Nicken bedacht, bei dem ich sämtliche Stacheln aufstellte. Offenbar fand er mich uninteressant. Wutentbrannt schaute ich wieder zu dem Stringtanga und biss mir auf die Lippe. Ich konnte nicht dulden, dass Unterwäsche auf meinem Treppengeländer trocknete.
Das ging einfach nicht!
Ich sah ihn wieder an, als er sein Gespräch fortsetzte. »Entschuldigen Sie«, sagte ich ruhig. Eigentlich hätte ich ihn lieber empört unterbrochen, war aber immer noch zu gut erzogen, um heftig zu werden.
Dennoch bewirkten meine leisen Worte, dass er seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte und die Stirn ru