KAPITEL 1
Der Buddha
Kabukichō, Tōkiō
„Würden Sie bitte herunterkommen? Es ist dringend!“
Der höfliche Rezeptionist meines Hotels am anderen Ende der Leitung klang recht nervös. Auf meine Frage, was denn los sei, antwortete er nur kurz und knapp, dass meine Anwesenheit in der Lobby des Hotels unbedingt erforderlich sei.
„Da sind zwei Herren für Sie. Hier unten … in der Lobby.“
„Welche Herren?“, fragte ich.
„Ich denke, es sind sehr wichtige Herren, Detigsan1. Die Herren erwarten Sie.“
Ich schaute auf meine Uhr. Sie waren überpünktlich an diesem Abend. Genug Zeit für eine chauffierte Fahrt vom Hotel zu Takahiko Inoue, einem der damals einflussreichsten Yakuza-Bosse in Kabukichō2, dem stattlichen und berüchtigten Rotlichtviertel von Tōkiō. Mitten in der Stadt gelegen, umrahmt von edlen Einkaufsstraßen und der größten und lebendigsten Bahnstation Tōkiōs, derShinjuku3 Station, dem rund um die Uhr pulsierenden Herzen dieses Stadtteils.
Viele Klischees trafen hier in Kabukichō aufeinander. Das „alte“ und traditionelle Japan, welches mit seinenshintōistischen und buddhistischen Tempeln und den beschaulichen Gassen lockte, konnte man in diesem Teil Tōkiōs nur entdecken, wenn man sich auskannte. Nicht-japanische Touristen hätte man hier vergebens gesucht. Diese fand man eher in Stadtteilen wie Akihabar