: Heidrun Andre
: Der Rote Faden Meine Familie im Dienste des Hauses Rothschild
: novum pro Verlag
: 9783990480137
: 1
: CHF 8,80
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 212
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hineingeboren in ein Spinnennetz von Lügen und Täuschungen gibt die eigene Familiengeschichte der Sozialpädagogin und Familientherapeutin Heidrun Andre die größten Rätsel auf. Wie konnte z. B. ihre Tante den rabiaten Nazijäger Amon Göth (Schindlers Liste) heiraten, als sie Mitarbeiterin der Rothschild-Privatbank war? Gab es eine Verbindung zwischen den Zionisten und dem Hitlerregime? Wie gelang es ihrer Mutter, den Bruder (Gerd Honsik), in die Welt des 'Führers' einzuführen und ihn lebenslang zum Rechtsextremisten zu machen? Wie konnte die Großmutter als Kind im jüdischen Tempel gesungen haben? Und wie kam deren Schwester dazu, eine Geliebte von Kronprinz Rudolf zu sein? Wie mit einem scharfen Schwert durchtrennt die Autorin den gordischen Knoten des familiären Lügengeflechtes und lässt die Familiengeschichte Schritt für Schritt wie ein Puzzle-Bild erstehen, gleichzeitig mit ihrem Hintergrund - der Weltgeschichte. Und dabei bleibt auch noch Platz für Humor.

Heidrun Andre, Jahrgang 1944, wuchs in einem Internat in Wien auf und musste wegen dramatischer Familienverhältnisse schon früh auf eigenen Füßen stehen. Erfolgreiche Psychotherapie ermöglichte ihr dann, Sozialpädagogin und Familientherapeutin zu werden. Sie arbeitete jahrzehntelang mit schwierigen Jugendlichen, u. a. in einem Krisenzentrum für weibliche Jugendliche in Wien. Die Autorin ist geschieden und hat eine Tochter, von Beruf Behindertenbetreuerin. Beide sind aus Tierliebe Vegetarier und leben mit einem kleinen Hündchen in einem kleinen Haus mit Garten in einer kleinen Stadt im Waldviertel.

II. Meine Generation wächst heran

26. Rudi jun.

Indessen saß Anni mit ihren Kindern in Kirchberg und erhoffte die Rückkehr ihres Mannes Rudi aus dem Krieg. Da haben wir ein interessantes Schreiben ihrer Schwägerin Olga gefunden (16. 12. 1945), in dem es heißt:

„Liebe Anni! Wir können alle Gott danken, dass wir Rudi lebend wissen. Ich habe auf verschiedenen Wegen ihm Nachricht zukommen lassen. Brauchst keine Angst um ihn zu haben, Rudi ist so vielseitig, spricht sehrsehr gut Englisch, er wird sich schon durchschlagen.

Und warum er nicht zu Hause ist, wird auch irgendwie seinen Grund haben, und ich weiß nur eines, er hängt an Euch und seinen Kindern und dass er die nächste gute Gelegenheit benutzen würde, um heim zu eilen. Im Radio sprachen sie unlängst, dass 400 Österreicher in Deutschland in amerikanischer Gefangenschaft sind, darunter ist vielleicht auch Rudi.“

Rudi war im Krieg Chauffeur.

In der Ballade „Der brave Soldat Rudolf“, die Gerd verfasst hat, lässt er unseren Onkel Rudi folgende Worte sprechen:

„Ich hab im Krieg nicht einen Schuss verschossen,

Kraftfahrer war ich, und ich hatte Glück.

Die harten Jahre sind mir leicht verflossen …“

Rudi geriet am Kriegsende – er war zuletzt an der Saale stationiert – in amerikanische Gefangenschaft, kam in ein Lager, das möglicherweise „Marienkron“ hieß, und hat sich dann dort mit dem Lagerleiter, einem Major Stickler aus Maryland, angefreundet. Gerd erzählt die Begebenheit in dem erwähnten Gedicht folgendermaßen: Ein Kamerad schimpft über den Führer und nennt ihn einen Scharlatan. Onkel Rudi verteidigt den Führer und schlägt seinen Kameraden nieder. Man bringt Rudolf nun zum Lagerkommandanten, auf dessen Schreibtisch gerade das Buch „Mein Kampf“ liegt und der von diesem mutigen Verhalten so angetan ist, dass er sich fortan mit Rudi persönlich anfreundet.

Wenn die Geschichte nicht zufällig wahr ist, ist sie jedenfalls originell erfunden.

Sicher ist, dass Rudi sich fortan auch außerhalb des Lagers aufhalten darf, er erhält sogar die Erlaubnis, seine Frau und die Tochter Brigitte zu sehen. Für eine Woche erhält er „Urlaub auf Ehrenwort“ und fliegt nach Salzburg (wahrscheinlich als einziger Kriegsgefangener des 2. Weltkriegs).

Pünktlich kam er dann wieder in sein Lager zurück.

Die Freundschaft mit dem Lagerleiter soll noch jahrelang bestanden haben.

Angeblich (laut Brigitte) ist Rudi tatsächlich freiwillig länger bei den Amis geblieben, hat dort als Fahrschullehrer gearbeitet und auch Flugzeuge repariert.

Irgendwann ist Rudi dann zurückgekommen. Und in einer meiner frühesten Kindheitserinnerungen sehe ich, wie Onkel Rudi bei uns zu Hause, im „großen Zimmer“, uns einen Film vorführt. Es war ein Schwarz-Weiß-Film, die „Nibelungen“, und ich kann mich an die Szene erinnern, als Siegfried sich an einer Quelle niederbückt, um Wasser zu trinken.

In der Folge hat Rudi sich sein Geld mit Autoreparaturen, später auch mit Autohandel, verdient. Außerdem erwarb er gemeinsam mit einem Freund die ehemaligen Rothschild-Stallungen in der Plösslgasse (