: Beate Maly
: Die Hebamme von Wien Historischer Roman
: Ullstein
: 9783843711319
: Ein Hebammen-Roman
: 1
: CHF 6,60
:
: Erzählende Literatur
: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wien 1683. Die junge Hebamme Anna und ihre Tante Theresa helfen den Frauen der Stadt bei schwierigen Geburten. Dem Prediger Abraham a Santa Clara ist ihre Arbeit verdächtig: Kann es mit rechten Dingen zugehen, dass sie so oft Mutter und Kind retten können? Ist da Hexenwerk im Spiel? Doch ehe er die Hebammen auf den Scheiterhaufen bringen kann, überfallen die Türken die Stadt. Und es gibt einen Mann, der Anna liebt und die beiden Frauen unbedingt retten will.

Beate Maly, geboren in Wien, ist Bestsellerautorin zahlreicher Kinderbücher, Sachbücher und historischer Romane. Ihr Herz schlägt neben Büchern für Frauen, die gegen alle Widerstände um ihr Glück kämpfen.

2


Komorn, Jänner 1683

SEIT STUNDEN TRIEBEN DIE BEIDEN REITER ihre Pferde durch die unwirtliche Winterlandschaft. Ein langer und beschwerlicher Weg lag hinter ihnen. Kälte, Schnee und Sturm hatten ihre Reise in den letzten Stunden zu einer Tortur werden lassen. Wie winzig kleine, spitze Nadelstiche bohrten sich die unzähligen Eiskristalle in die Haut ihrer Wangen. Unbarmherzig wirbelte der Wind immer wieder neue Schneeböen auf und trieb sie ihnen mit voller Wucht entgegen, so dass die Pferde nur langsam vorankamen. Inzwischen hatte das dichte Schneetreiben etwas nachgelassen, und als jetzt zwischen den grauen Wolken die Stadtmauer Komorns auftauchte, atmeten beide Männer erleichtert auf. Der Ritt durch die Straßen der Stadt zu Graf Starhembergs Quartier war nur noch ein Kinderspiel. Auf dem gepflasterten Innenhof des Palais spritzte grauer Schnee unter den Hufen der Pferde weg, und nach dem langen Ritt über verschneite Waldwege klang das Geklapper der Pferde wie Musik in ihren Ohren.

Lorenzo schwang sich als Erster aus dem Sattel. Er war durchgefroren und bewegte sich schwerfällig. Sein Freund Rudolf folgte ihm. Augenblicklich lief ein kleiner, pummeliger Stallbursche in den Hof und nahm den erschöpften Kurieren die Pferde ab.

»Der Graf wartet schon seit gestern auf Euch«, sagte er. Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören. Wenn sich der Stallbursche diesen Tonfall erlaubte, wie würde erst der Graf auf ihre Verspätung reagieren?

Lorenzo warf Rudolf einen vielsagenden Blick zu. Doch dieser hob nur gelassen die Schultern. »Von mir erfährt der Graf nichts über den kleinen Zwischenfall. Und du solltest ihn besser auch nicht erwähnen, du kennst seine Meinung über dich als Kurier.«

Niedergeschlagen ließ Lorenzo den Kopf hängen. Ja, er wusste, dass der Graf ihn nur ungern als Kurier einsetzte, denn eigentlich war Lorenzo Jurist. Und wieder einmal war er es gewesen, der sich und seinen Freund in eine gefährliche Situation gebracht hatte. Was Rudolf als kleinen Zwischenfall bezeichnete, war ein Überfall gewesen. Es war allein Lorenzos Schuld gewesen, dass die kleine Gruppe herumziehender Tartaren auf sie aufmerksam geworden war. Begeistert von der Schönheit der schneebedeckten Weinberge, war er unvorsichtig geworden. Er hatte die Spuren im Schnee übersehen und war ihnen geradewegs gefolgt. Als Rudolf den Fehler bemerkt hatte, war es bereits zu spät gewesen. Die beiden waren in eine Falle getappt. Wären sie rechtzeitig ausgewichen, hätten sie sich den erbärmlichen Kampf und die halsbrecherische Flucht erspart. Die wichtigen Dokumente aus Polen, die sie bei sich trugen, wären nicht eine Sekunde gefährdet gewesen.

»Du bist eben ein lausiger Kurier!«, lachte Rudolf und klopfte Lorenzo so fest auf die Schulter, dass dieser fast stolperte. »Dafür aber ein schneller Reiter. Dein Vater hat vermutlich gut daran getan, dich nach Siena zum Jurastudium zu schicken.« Seine Worte sollten den Freund aufheitern,