: Reinhard K. Sprenger
: Das anständige Unternehmen Was richtige Führung ausmacht - und was sie weglässt
: Deutsche Verlags-Anstalt
: 9783641172046
: 1
: CHF 12.60
:
: Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
: German
: 384
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
"Was wir gewinnen, wenn wir vieles im Management einfach nicht mehr tun."

Menschen erleben Wirtschaft vor allem am Arbeitsplatz. Wie sie täglich in ihren Unternehmen behandelt werden, wie Vorgesetzte, Kollegen und Mitarbeiter mit ihnen umgehen, das nehmen sie mit nach draußen und hinein in ihre Familien, in den Freundeskreis. Kurzum: Was uns am Arbeitsplatz widerfährt, hat direkte gesellschaftliche Auswirkungen – und diese können gewaltig sein.

Doch gerade in Unternehmen mangelt es oft am Anstand, wie Deutschlands erfolgreichster Wirtschaftsvordenker in seinem neuen Buch zeigt. Anstand, verstanden als Zurückhaltung und Distanz. Stattdessen erleben wir ein Übermaß an Zudringlichkeit, etwa in Form von Befragungen, falsch verstandener Fürsorglichkeit, Einforderung von Identifikation. Frei- und Spielräume gehen verloren, Grenzen werden überschritten, Unterschiede nivelliert. Die eigentlichen Unternehmensziele geraten dabei oft aus dem Blick, erfolgreiches Arbeiten bleibt auf der Strecke.

Was also muss ein Unternehmen tun, um anständig zu sein? Und was muss Führung in einem anständigen Unternehmen leisten? Reinhard K. Sprenger verdeutlicht auf ebenso erhellende wie provozierende Weise, was richtige Führung ausmacht. Wir müssen vieles im Management wieder bleiben lassen, um zu neuen Prinzipien von Anstand in unserer Arbeitswelt und damit in unserer Gesellschaft zu kommen.

Reinhard K. Sprenger, geboren 1953 in Essen, hat in Bochum Geschichte, Philosophie, Psychologie, Betriebswirtschaft und Sport studiert. Als Deutschlands profiliertester Managementberater und einer der wichtigsten Vordenker der Wirtschaft berät Reinhard K. Sprenger alle wichtigen Dax-100-Unternehmen. Seine Bücher wurden allesamt zu Bestsellern, sind in viele Sprachen übersetzt und haben die Wirklichkeit in den Unternehmen in 30 Jahren von Grund auf verändert. Als vierfacher Vater weiß er, was Eltern umtreibt und kennt die Herausforderungen des Familienalltags. Zuletzt sind von ihm bei DVA erschienen »Das anständige Unternehmen« (2015), »Radikal digital« (2018) und »Magie des Konflikts« (2020).

EINLEITUNG

Die Lage

Wir leben in wirtschaftsethisch abschüssigen Zeiten. Der Bürger steht fassungslos vor riesigen Staatsschulden,EU-Ländern, die diese Schulden nicht begleichen wollen, »Too big to fail«-Zynismen, mit denen sich Politik und Finanzindustrie wechselseitig schützen, und den Gehaltsexzessen einer kleinen Managerclique, die sich aus der Wertegemeinschaft der Zivilisierten längst verabschiedet hat. Permanent werden geheime Kartelle und Preisabsprachen von Unternehmen aufgedeckt, die sich ihrerseits als Opfer preisknebelnder Einkäufer schildern. Wir lesen von Manipulationen der Wechselkurse, Verrechnung falscher Preise, Strafverfahren für Topmanager, bonusgetriebener Beratung und von Städten, in denen Familien keine Wohnung mehr finden, während Spekulanten ganze Häuserblocks verrotten lassen. Das alles überzuckert von »There is no alternative«-Advokaten, die die Selbstabschaffung der Vernunft empfehlen. Ein bizarres Kaleidoskop zerstörter Ideale.

Man mag daran erinnern, dass die weitaus meisten Unternehmer und Manager verantwortungsvoll und gesetzlich korrekt arbeiten. Jedoch sind die Anstößigkeiten in den Medien derart omnipräsent, dass der Bürger den Eindruck hat, dieganze Wirtschaft sei korrupt. Wirtschaftlicher Erfolg, so des Bürgers Schlussfolgerung, verdankt sich nicht mehr bürgerlichen Tugenden wie Fleiß, Ausdauer, Talent und unternehmerischer Risikobereitschaft, sondern der Zugehörigkeit zu einer neofeudalen Kaste und ihrer Nähe zum Kapitalstock der Gesellschaft.

Das alles wirft Fragen auf, welche Formen des Wirtschaftens gesellschaftlich akzeptabel sind.

Diese Fragen stellen sich auchinnerhalb der Unternehmen. Dort mehren sich ebenfalls die Zeichen der Überforderung. Ein Auszug aus der Anklageschrift: »Change« als Veränderung des Status quo gehört längst zum Status quo; der Wunsch nach Work-Life-Balance, die Klage über Arbeitsverdichtung, Kontroll-Exzesse, Burnout, die anhaltende Konjunktur der Chefbeschimpfungs-Bücher, ganze Regale mit Empörungsliteratur, Milliardenkosten durch Innere Kündigung und Dienst nach Vorschrift, irritierend hohe Umfragezahlen über Angestellte, die in der Illusion, woanders sei es besser, nach einem neuen Arbeitgeber suchen. Kein Zweifel, auch Unternehmen und Mitarbeiter haben sich entfremdet.

Reaktion der Politik und der Unternehmen

Die Politik reagiert auf diese Gemengelage mitMoralisierung der Wirtschaft: Mindestlohn und Mietpreisbremse, die Löhne und Mieten nicht mehr dem Spiel von Angebot und Nachfrage unterwerfen, sondern dem Gesetzgeber; Frauenquoten, die Leistung und Erfahrung durch Geschlecht ersetzen; Überlegungen, die maximale Einkommensspreizung innerhalb eines Unternehmens gesetzlich festzulegen; gedeckelte Managerboni, Unternehmen als Agenten der Steuerbehörden, eine Compliance-Bürokratie, die mittlerweile monströse Formen angenommen hat; Corporate Social Responsibility, Corporate Governance, Value Based Leadership – Anglismen, die für eine glänzende Oberfläche sorgen und Legimitätsfassaden bauen.

Geradezu täglich dichter wird das Netz staatlicher Regulierungen, Auflagen und Transparenzforderungen, allerorten explodieren Verbots- und Bevormundungsinstanzen, das Strafrecht verdrängt das Zivilrecht in einer gesellschaftlichen Gestimmtheit, in der man es »denen da oben« mal zeigen will. Hinzu kommt eine Gründungswelle für Wirtschaftsethik-Lehrstühle, die mit verbeamteten Professoren den gesinnungsbetrieblichen Überbau staatlich finanzieren. Immer stärker wird die Tendenz, die Wirtschaft vom moralischen Hochsitz aus zu gestalten, überall droht der erhobene Zeigefinger, soll über der unsichtbaren Hand des Marktes die sichtbare Faust des Staates schweben.

Unternehmer und Manager beklagen zwar das wirtschaftsfeindliche Klima, wollen aber auch zu den Guten gehören: Die Wertegesänge der »Codes of Conduct« schwellen ebenso an wie die Geschäftsberichte, deren Umfang sich in den letzten Jahren verdreifacht hat und in denen es nur so wimmelt von »Gemeinwohl« und »Verantwortung«. Das alles in geschlechtsblinden Formulierungen.

Reaktion der Menschen

Man muss diesen Besänftigungsaktivismus nicht allzu ernst nehmen: Das Marketingelement ist hoch zu veranschlagen, die Grenze zur Fiktion unscharf. Aber auch bei den Bürgern verbreitet sich in dem Maße, in dem Ökonomie und Gesellschaft in der Wahrnehmung vieler auseinanderklaffen,