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»Ich habe die starke Empfindung, dass wir dem Mangel an Sympathie, den unser verehrter Herr Gruenbaum für den Zeitgeist hegt, etwas entgegensetzen müssen. Es wäre hilfreich, wenn du dich seiner ein wenig annehmen könntest.«
Albright blickte mit versteinerter Miene auf die junge Dame herab, die zu seinen Füßen am Boden kauerte. Das seltsame Paar befand sich in einem leeren dunklen Raum, der weder Fenster noch Türen besaß. Wände, Decke und Boden waren schwarz gestrichen. In der Mitte stand ein einzelner Stuhl, auf dem Albright Platz genommen hatte. Er trug eine dunkle Robe mit einer Kapuze, die den oberen Teil seines Gesichtes verdunkelte. Am Mittelfinger der linken Hand blitzte ein silberner Ring mit einer stilisierten Schlange, die zu einer Acht geformt war und sich selbst in den Schwanz biss. Mehrere Meter über den beiden an der Decke, befand sich eine runde Öffnung mit einem schweren Eisengitter, durch die ein heller Lichtstrahl ins Innere des Raumes drang. Das Schattenspiel der gekreuzten Gitterstäbe, das sich nach allen Seiten gleichmäßig über Boden und Wänden verteilte, erzeugte den Eindruck eines Spinnennetzes.
»Wenn du es wünschst. Was genau soll ich tun?« Die dunkelhaarige Dame, die ein weit ausgeschnittenes, scharlachrotes Abendkleid trug, blickte ihn fragend an.
»Zunächst einmal solltest du dich näher mit ihm bekannt machen. Gib ihm das Gefühl, dass er dir etwas bedeutet. Schmeichle ihm – Künstler sind die eitelsten Menschen, die es gibt. In jedem Künstler lebt der starke Wunsch, etwas Einzigartiges zu vollbringen, ja selbst etwas Einzigartiges zu sein. Gib ihm einfach, wonach er verlangt. Er wird dir nur schwer widerstehen können.« In einer zärtlichen Geste strich er ihr mit der Hand über das volle, dichte Haar.
»Du meinst, ich soll ihn verführen?« Ihre dunkelbraunen Mandelaugen rollten langsam nach oben bis sich ihre und Albrights Blicke trafen.
»Noch nicht. Das hat Zeit. Im Augenblick ist Gruenbaum noch ganz mit der Kunst vermählt, er würde womöglich Verdacht schöpfen. Fürs Erste wird es genügen, wenn du Sehnsüchte in ihm weckst. Werde seine Muse! Inspiriere ihn! Er trauert um eine verlorene Liebe. Der Zeitpunkt ist günstig, denn er sehnt sich nach einer Frau, die die Kunst ebenso liebt wie er. Du wirst meine Brücke zu ihm sein, durch dich werde ich Kontrolle über ihn haben. Ohne es auszusprechen, wirst du ihm zu verstehen geben, welche Art von Kunst dir gefällt. Und umdir zu gefallen, wird er genau das tun, was wir von ihm erwarten. Er wird schon begreifen, dass er ein Weib wie dich nur besitzen kann, wenn er viel, viel Geld verdient.« Ein kaltes Lächeln spielte um seine Mundwinkel, während sein Blick wie in weite Ferne gerichtet schien.
»Ich habe alles vorbereitet. Wir werden uns in wenigen Tagen in Frankfurt treffen. Es ist wichtig, dass unser Verhältnis für ihn vorerst im Dunkeln liegt. Wenn er vermutet, dass wir ein Paar sind, wird das sein Verlangen nach dir noch steigern. Es ist immer das Verbotene, das ihn und seinesgleichen reizt.«
Albright griff in die Tasche, die sich seitlich an seiner Robe befand und holte einen schwarzen Flakon hervor.
»Ich habe hier ein kleines Geschenk für dich: Ein Parfum, das ich eigens für dich habe anfertigen lassen. Ich möchte, dass du es trägst, wenn du zu ihm gehst.«
Mona nahm das Fläschchen entgegen und lächelte dankbar.
»Es wird mir nicht schwer fallen ihm den Kopf zu verdrehen, auch ohne Hokuspokus. Aber bitte, wenn du es wünschst …« Die junge Dame strich sich einige Tropfen von dem stark duftenden Öl auf die Innenseite ihrer Handgelenke und roch daran. Zufrieden blickte sie nach oben.
Albright sah streng auf sie herab.
»Vergiss niemals, in welchem Auftrag du handelst! Es darf nichts schiefgehen, die Angelegenheit hat höchst