Der erste eigensinnige Mensch war eine Frau. Eva wusste, dass es verboten war, die Früchte vom Baum der Erkenntnis zu essen. Doch sie konnte der Versuchung nicht widerstehen und ließ sich von der Schlange verleiten, einen Apfel zu kosten. Damit nicht genug: Sie verführte den willensschwachen Adam dazu, es ihr gleichzutun. Das Gebot Gottes erschien Eva weniger wichtig als ihre Neugier auf die verbotene Frucht.
Wie wir wissen, wurde dieser Akt des Ungehorsams aufs Schlimmste bestraft: Adam und Eva wurden aus dem Paradies vertrieben. Die Botschaft an die Menschheit war eindeutig: Wer sich über Gebote und Verbote hinwegsetzt, fällt in Ungnade.
Doch was den einen als Erbsünde gilt, ist für andere der erste Schritt in die Unabhängigkeit. Der Psychoanalytiker Erich Fromm sieht in Adams und Evas eigensinnigem Handeln »die Vorbedingung dafür, dass der Mensch sich seiner selbst bewusst wurde und dass er fähig ist, sich für etwas zu entscheiden«. Dass Eva den Apfel angenommen hat, ist für Fromm »der erste Schritt des Menschen auf dem Weg zur Freiheit«.
Wenn Sie bislang der Meinung waren, dass Eigensinn keine wertvolle Eigenschaft ist, dann haben Sie vermutlich noch nicht darüber nachgedacht, wie ausgeprägt Ihr Eigensinn ist. Und wenn doch, dann fiel das Ergebnis dieses Nachdenkens wahrscheinlich eher selbstkritisch aus. Möglicherweise erinnerten Sie sich an elterliche Mahnungen wie »Sei nicht so eigensinnig!« oder an Situationen, in denen Ihnen »Sturheit« oder »Dickköpfigkeit« vorgehalten wurden. Das wäre nicht weiter verwunderlich, denn Eigensinn steht, wie wir gesehen haben, in der Liste unerwünschter Eigenschaften auf einem der vordersten Plätze. Deshalb werden Sie zunächst auf die Frage, wie ausgeprägt beziehungsweise schwach Ihr Eigensinn ist, keine rechte Antwort finden. Aber es gibt indirekte Hinweise darauf, wie viel Eigensinn es in Ihrem Leben gibt, wie konsequent Sie einen eigenen Sinn in Ihrem beruflichen wie privaten Tun verfolgen, oder ob Sie lieber anderen den Vortritt lassen und sich lieber anpassen.
Anhand der folgenden Beschreibungen können Sie herausfinden, wie es um Ihren Eigensinn bestellt ist. Prüfen Sie, was davon auf Sie zutrifft. Wo erkennen Sie sich eindeutig wieder?
Sie haben Erfolg im Beruf, aber keine wirkliche Freude daran. Zunehmend fühlen Sie sich erschöpft und ausgebrannt.
Sie wissen nicht genau, was Sie wollen. Aber Sie spüren, dass Sie dieses Leben, so wie es ist, nicht wollen.
Sie haben chronische körperliche Beschwerden und Krankheiten wie zum Beispiel Migräne, Rückenschmerzen, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Hautprobleme.
Es geht Ihnen nicht gut: Frustration, Langeweile, schlechte Laune, unerklärliche Aggression und depressive Phasen machen Ihnen zu schaffen. Sie fühlen sich ausgebrannt und leer.
Ein seltsames Gefühl der Fremdheit kann in den verschiedensten Situationen auftauchen. Im Beruf, wenn Sie plötzlich bei einer Präsentation, einer Projektarbeit, im Gespräch mit Kollegen neben sich stehen und sich fragen: Was tue ich hier eigentlich? Oder auch im Privatleben, wenn Sie wie ein Schatten neben dem Partner, neben der Familie herlaufen und sich nicht wirklich zugehörig fühlen.
Sie hoffen auf ein Wunder: Vielleicht verlässt der tyrannische Chef die Firma, vielleicht gewinnen Sie im Lotto und können sich endlich Ihre Wünsche erfüllen, vielleicht verliebt sich der ungeliebte Partner in eine andere Person, dann wären Sie endlich frei, vielleicht bietet Ihnen jemand von sich aus einen tollen Posten an.
Sie sind ein Freund des »lieben Friedens«. Wenn er mal gefährdet ist, geben Sie lieber nach. Auseinandersetzungen sind nicht Ihre Sache.
Sie lassen sich immer mal wieder zu Entscheidungen verführen, die Sie im Nac