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In fahlem Licht wurden Gedanken gesponnen und gezwirnt und ausgetauscht, als würde man an einem Tisch sitzen und nichts weiteres tun als den Salzstreuer hin und her schieben. Die Suppe des anderen interessierte sehr. Als ein einziger Wettkampf schienen sie ihre Ehe zu betrachten. Kein süßer Dämmerzustand, wie es eigentlich hätte sein können. Dieses Schöne, dieses Verträumte von damals schien sich zunehmend aus ihrem Leben zu entfernen. Vielleicht würde es nie lange an einem Ort bleiben wollen, hätte man sich fragen können. Doch zeigten sich Tage und Nächte anfänglich in beispielloser Glücklichkeit. Gespräche fanden statt, auch wenn geschwiegen wurde. Konstant waren Zärtlichkeit und Berührung. Anspruchslos glaubten sie, die Liebe gefunden zu haben. Damals.
Alles schien so einfach, so selbstverständlich zu sein, als sei die Erlaubnis zu lieben und zu träumen schon immer vorhanden gewesen. Niemand hätte sich dafür rechtfertigen wollen. Schon gar nicht bei sich selbst. Zeiten verschmolzen, als hätte dieses Glück sie schon immer heimgesucht. Selbst unbekannte Leute schienen einen zu kennen. Kennen zu wollen. Ihnen war, als bestünde die Welt nur noch auseiner Laune. Aus einer längst erschaffenen. Damals dachte noch keiner daran, dass es einmal von Bedeutung sein könnte, wer beim Spazieren die längeren Schritte macht. Ob man gerade aus, nach links oder nach rechts geht. Als lustig empfunden hätte man dies. So wie alles lustig war, in diesem Traum. In dieser Liebe. Ihren Kindern würden sie dasselbe Glück wünschen. Diese sollten von all dem profitieren dürfen, wenn sie einmal da sind. Ein Junge und ein Mädchen, sei ideal. Vielleicht auch zwei Jungen und zwei Mädchen. Oder zwei Jungen und ein Mädchen. Ein Mädchen müsse unbedingt auch dabei sein, sagte sie. Wichtig sei, dass die Buben älter seien als das Mädchen, meinte er. Eigentlich könnten sie sorglos in die Zukunft blicken. Sein Kaufmannsladen, das wisse sie ja, würde bestens laufen und beträchtliche Gewinne abwerfen. Das Haus, in dem jetzt seine Eltern wohnen, könnte schon in wenigen Jahren ihnen gehören. Sie solle sich doch einmal vorstellen, wie schön dies wäre. Sie und er und die Kinder. Arbeit gäbe es natürlich schon, ein so feudales Heim. Der Garten alleine mit den vielen Blumen und auch die Hecken müssten regelmäßig geschnitten und in Form gebracht werden. Dies jedoch, sei seine Arbeit. Gleich wie er monatlich zweimal, und zwar jeweils an einem Sonntag, sich eine Küchenschürze umbinden täte. Wohl gäbe es immer dasselbe Gericht, dieses dafür meisterhaft. Darauf würde sie sich jetzt schon freuen. Kerzenschein dürfe dabei nicht fehlen. Aber für das Ambiente könne ja sie dann sorgen.
Ihr Erstgeborenes tauften sie Hanna. Tiefgrün waren ihre Augen und weizenblond die Haare. Dies und Nase und Lippen hatte sie von der Mutter, darauf bestand sie, Stirn und Ohren auch, dem Vater könnten das Grübchen zwischen Oberlippe und Nase und das Kinn bleiben. Genau wüsste man es nicht. Dies müsste sich erst noch etwas verdeutlichen. Als glückliche Mutter stand nun Frau Reinhard vor ihrem Kind, vor ihrem Mann, vor ihrer und seiner Familie, vor andern Müttern, vor den Dorfbewohnern und vor sich selbst da.Da meinte auch im Garten und im Kaufmannsladen.Da meinte eigentlich auch, dass erst Söhne hätten geboren werden sollen. Ein oder zwei. Doch ließen diese aus unerklärlichen Gründen auf sich warten. Eine Tragödie sei es, meinte der Hausarzt. Wenn wenigstens