Erstes Kapitel
Wie erstarrt stand Noah Harper in der mit Teppich ausgelegten Eingangshalle im Haus seiner Verlobten, während ein unbestimmtes, beunruhigendes Gefühl seine Haut zum Kribbeln brachte. Zorn oder Schmerz war es eigentlich nicht. Und Eifersucht ganz gewiss auch nicht.
Wenn Noah es nicht besser gewusst hätte, hätte er schwören können, dass es ... Erleichterung war. Bei diesem Gedanken schüttelte er den Kopf. Nein, er wollte Kara ja heiraten. Er hatte das als sein Schicksal akzeptiert und es sogar als einen Teil seines großen Plans für die Zukunft betrachtet. Nicht wirklich alsseinen Plan, denn er dachte nicht in so großen Begriffen. Das tat seine Großmutter.
Noah mochte Kara, er achtete sie und ihre Eltern – doch seine Großmutter betete sie an. Schon als er Kara kennen gelernt hatte, war jedermann davon ausgegangen, dass sie eines Tages heiraten würden. In einem Monat hätte es so weit sein sollen.
Aber nun ...
Ohne sich bewusst dafür entschieden zu haben, ging Noah den eindeutigen Geräuschen leisen Stöhnens, gedämpfter Aufforderungen und raschelnder Laken entgegen. Er hatte es nicht sonderlich eilig, denn er wusste bereits, was er vorfinden würde.
Er sollte sich irren.Sehr, sehr irren.
Oh, Kara lag durchaus im Bett und tat genau das, was er erwartet hatte: Sie hatte leidenschaftlichen Sex, während alles, was er jemals von ihr bekommen hatte, eher einer nachlässigen Dienstleistung gleichkam. Es war ihr Partner, der ihn so überraschte.
Nicht, dass das wirklich von Bedeutung gewesen wäre.
Noahs Augen wurden schmal, als Kara besonders wild aufstöhnte und sich ihr schlanker Körper in einem wilden Orgasmus wand. Völlig ungerührt schaute er zu.
Noah überlegte, was angesichts dieser bizarren Umstände zu tun war, und entschied sich dafür, sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen zu lehnen und abzuwarten. Sicher würde er bald entdeckt werden, und im Augenblick verbot ihm sein Revierinstinkt, die beiden allein zu lassen. Immerhin war Kara seine Verlobte – oder besser, sie war es gewesen.
Doch nun hatte sich alles verändert.
Als Kara sich zurücklehnte, war ihre Haut nach der Anstrengung feucht, ihr Blick in einer Weise benommen und sanft, wie Noah es nie bei ihr erlebt hatte. Seufzend meinte sie: »O Gott, das war unglaublich.«
»Mmm«, kam die heisere, zufriedene Antwort. »Ich kann’s dir noch mal besorgen.«