: Nora Bernstein
: Extremflirten Roman
: Piper Verlag
: 9783492965293
: 1
: CHF 10.70
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 292
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Die zweiundreißigjährige Maya hat schon genug Probleme am Hals, als ihre reiche Vorstadtfreundin Stella mit zehnteiliger Louis-Vuitton-Koffersammlung vor der Tür steht. Frisch getrennt von ihrem früheren Chef, der wieder in den heimatlichen Ehehafen zurückgekehrt ist und sie mit einer viel zu teuren Wohnung und einer Promenadenmischung namens Gonzo sitzenließ, hält sich Maya mit zwei Halbtagsjobs und einem zahlungskräftigen Untermieter über Wasser. Vormittags arbeitet sie in der Agentur ihres Ex-Chefs Tommy, der die Finger nicht von ihr lassen kann, nachmittags assistiert sie dem sympathischen Tierarzt Oliver, der ihr allenfalls mal den Kopf tätschelt und sie möglicherweise für einen Golden Retriever hält. Doch als Stella einen Rachefeldzug gegen ihren ungetreuen Ehemann beschließt, fällt auch für Maya der Startschuss zum Extremflirten. Gemeinsam stürzen sich die beiden unterschiedlichen Freundinnen in ein Abenteuer, in dem verbotene Hundewettkämpfe, ein aufgebrachter Mafiosi, ein Schreiner mit neun Fingern und sogar ein Scheich eine Rolle spielen. Ist er die Lösung aller Probleme? Wohl kaum. Doch am Ende finden sich alle Paare, die zusammengehören und die Leserin weint Tränen ... vor Lachen.

Nora Bernstein schreibt gerne augenzwinkernd über das verzwickte Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Und wenn sie das nicht tut, pendelt sie zwischen München und dem Alpenrand, zwischen Geschichten ausdenken und Agenturjobs, und immer mit Hund. Als Claire Singer hat sie die erfolgreichen »Karlotta«- und »Polly«-Romane veröffentlicht, die regelmäßig zu Gast auf der Bestsellerliste sind.

ALEX, DER BERATERKÖNIG

Stella hatte gerade unter Schwenken meiner letzten Proseccoflasche die Flaschenhaftigkeit ihres Mannes demonstriert, als Alex, mein pflegeleichter Untermieter, den Kopf zur Wohnzimmertür reinstreckte.

»Tach, die Damen, na, gibt’s was zu feiern?«, sagte er und prostete Stella mit einer erfreuten Geste zu, die sofort, Brust-raus-Bauch-rein, aufsprang, um Alex ein gut gefülltes Glas zu reichen.

»Treten Sie näher, junger Mann, wir rechnen gerade ab mit Typen wie Ihnen, und da Ihr Schuldenkonto bei mir im Augenblick auf null ist, dürfen Sie sich ein wenig zu uns setzen.« Stella klopfte gönnerhaft auf den Sofaplatz neben sich und strahlte Alex mit ihrem 5000-Euro-Bleeching-Lächeln an.

Alex war sichtlich beeindruckt. »Maya, warum hast du mir deine reizende Freundin verschwiegen? Sie scheint ja die Qualitäten eines Stafford Terriers zu haben, alle Achtung!« Er grinste breit. »Und ich dachte, außer dem angespannten Tommy und dem Schreinerlümmel Max gäbe es in deinem Leben keine Sozialkontakte.« Er ließ sich bereitwillig auf den ihm zugeteilten Platz fallen, den er sich mit Gonzo, meinem Zottelhund, teilen musste.

»Ich bin Stella«, stellte sich meine Freundin vor. »Sagen Sie mal, ach, ich darf doch Alex und du sagen, nicht? Was machst du denn so spät abends noch im Büro?« Stella betrachtete den Untermieter mit unverhohlenem Interesse, und ich war platt über diesen plötzlichen Schwenk in der Dramaturgie dieses Abends, denn immerhin hatten die vergangenen drei Stunden ausschließlich ihrem hasserfüllten Monolog über Daniel gehört. Nicht mal ein Fitzelchen Liebeskummer meinerseits konnte ich beisteuern. Und auch meine neu erworbenen Sneakers aus butterweichem Leder konnten Stellas Aufmerksamkeit nicht erringen. Und dann kommt so ein Anzugmännchen zur Tür rein, und schon biegt sie den Rücken gerade und schenkt ihm ihr schönstes Proseccolächeln. Zugegeben, Alex sieht einfach umwerfend aus, im Anzug. Da ich seine Vermieterin bin, habe ich ihn auch schon in Unterhose und Schwitzkopf gesehen und weiß daher, dass er seinen »Wir-sitzen-nur-am-Schreibtisch-und-bewegen-uns-kaum«-Bauch sehr geschickt unter dem Brionituch verhüllt.

»Warum hab ich nie etwas von Stella gehört, Maya?«, sagte er vorwurfsvoll.

Seine Entrüstung ist gut gespielt. Wie soll ich ihm erklären, dass Stellas Welt sich in einem Paralleluniversum zu meinem kleinen Leben abspielt. Während ich mit meinem schlappen Hund morgens in das schicke Büro meines Ex-Freundes Tommy schleiche, um mich von ihm für jede Kleinigkeit kritisieren zu lassen, frühstückt Stella mit einer ihrer Upperclass-Freundinnen im Bayerischen Hof auf der Dachterrasse, um im Anschluss dem SPAradies selbigen Hotels einen klitzekleinen Besuch abzustatten, sich verschönern zu lassen und dann im Dampfbad und auf weichen Liegen zu entspannen. Wenn mittags Tommys Genörgel ein Ende hat und ich meine Mittagspause im öffentlichen Nahverkehr verbringe, um von Bogenhausen nach Nordschwabing zu gelangen, mir sieben Kommentare meinen Hund betreffend anhören darf und schließlich völlig aufgelöst bei Roland Berger, meinem Tierarzt, eintreffe, hat Stella bereits mit frisch lackierten Fußnägeln und perfekt gezupften Augenbrauen eine der vornehmen Boutiquen in der Maximilianstraße nicht unter zwei Tüten verlassen.

Stella ist nicht verschwenderisch, sondern wählerisch, ja, so muss man es wohl sagen. Sie betreibt wirklich harte Feldforschung, um mit absoluter Sicherheit die teuerste cremefarbene Bluse mit Perlmuttknöpfen zu erwerben, die sich in einem Radius von 500 Metern rund um die Oper finden lässt. So was strengt an und muss mit einem Häppchen im Sushi Garden belohnt werden. Wo auch sonst, denn nur dort sind die Portionen so klein, dass auch garantiert keine Gewichtszunahme zu befürchten ist. Und diese wird selbstverständlich gefürchtet und als schlimmste Geißel der Menschheit seit Ausr