: Alexander Ochse
: Naturdrogen und ihr Gebrauch
: Nachtschatten Verlag
: 9783037882245
: 1
: CHF 7.90
:
: Sozialpädagogik, Soziale Arbeit
: German
: 200
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Gebrauch von Naturdrogen ist mittlerweile keine exotische Randerscheinung mehr, sondern im Mainstream vieler, meist junger Konsumenten angekommen. Dieses Buch enthält wissenschaftlich fundierte Informationen über dieses Phänomen, besonders für Menschen, die viel mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun haben, wie z.B. Pädagogen und Sozialarbeiter. Der Autor verzichtet auf eine unsachlich-verteufelnde Darstellung, die gerade für den Praktiker alles andere als hilfreich wäre. Aber auch jeder andere Leser, der sich für dieses aktuelle Thema interessiert, wird nicht nur von der ausführlichen Beschreibung aller wichtigen Naturdrogen profitieren, sondern findet in den Abschnitten über die Kulturgeschichte und den generellen Gebrauch weitere wichtige und interessante Informationen. Ein sehr ausführliches Quellenverzeichnis rundet dieses Werk ab.

Alexander Ochse, geboren im Februar 1974, absolvierte den Diplomstudiengang Sozialarbeit/Sozialpädagogik an der Universität Kassel mit dem Schwerpunkt Drogenforschung. Seit Mitte der 1990er Jahre unternahm er einige mehrmonatige Studienaufenthalte in Asien. Er ist seit vielen Jahren an der Organisation von kulturellen Veranstaltungen - auch im Bereich der Sekundärprävention - beteiligt. Heute arbeitet er in einer Fachklinik für rauschmittelabhängige Jugendliche und Erwachsene und ist Doktorand an der Universität Kassel.

2. Die Kulturgeschichte der Naturdrogen


2.1 Die prähistorische Verwendung von Naturdrogen


Der Gebrauch von Rauschmitteln scheint so alt wie die Menschheit zu sein.33 Rauschmittel sind seit Menschengedenken auf allen Kontinenten im Gebrauch.34 Jörg Conradi führt an, dass Cannabis, Betel, Opium und Tabak schon in der Steinzeit gebraucht wurden.35 Laut Ronald K. Siegel hat der Mensch ein natürliches Bedürfnis nach ekstatischer Erfahrung.36 Durch Archäologen werden in neuerer Zeit immer mehr Entdeckungen gemacht, die den Gebrauch von Naturdrogen vor etlichen tausenden Jahren belegen. Erstaunlich ist beispielsweise die Entdeckung von Felszeichnungen auf dem afrikanischen Kontinent, welche im Gebiet der Sahara zwischen Tassili (Südalgerien), Acacus (Libyen) und Ennedi (Tschad) gefunden wurden. Auf diesen Felszeichnungen, die aus der so genannten Rundkopfphase – vor ca. 9000 bis 7000 Jahren – stammen, sind eine Vielzahl von mythologischen Wesen mit anthropomorphen und zoomorphen Eigenschaften zu sehen, die u. a. neben Pilzen, aber auch mit Pilzen in den Händen, dargestellt sind. Auf einer Abbildung sind die Pilze mit gestrichelten Linien mit dem Kopf der anthropomorphen Wesen verbunden. Nach Gartz sind damit eindeutige Belege für den Gebrauch von psychoaktiven Pilzen in dieser Zeit gegeben.37

Abb. 3 Felszeichnung aus Tassili von mythologischen Wesen mit Pilzen in den Händen

Abb. 4 Pilzstein in Kerala (Süd-Indien)

Im Jahre 1999 hatte ich persönlich die Gelegenheit in Kerala (Süd-Indien) eine ethnomykologisch interessante Beobachtung zu machen. Durch einen Artikel von Giorgio Samorini angeregt38, besuchte ich die in der Malayalam-Sprache als „kuda-kallu“ (= Schirm-Stein) bezeichneten Steinbauten, welche zu einer Megalith-Kultur auf dem indischen Subkontinent gehören, die in die Zeit von 1400 v. Chr. bis 100n. Chr. fällt. Bei diesen zwischen 1,5 und 2 m hohen Steinstrukturen handelt es sich, laut Meinung zahlreicher Experten, um die Darstellung von Pilzen. Samorini stellt die Hypothese auf, dass es sich dabei um psychoaktive Pilze gehandelt haben muss, die mit diesen Pilzsteinen besonders verehrt wurden. In Mittelamerika wurden ebenfalls prähistorische Pilzsteine bei Ausgrabungen von Mayatempelruinen gefunden, die ca. 30 cm hoch und etwa 2000 Jahre alt sind. Diese dienten wahrscheinlich in gleicher Weise der Verehrung von psychoaktiven Pilzen, welche dort im rituellen Rahmen eingenommen wurden.39

Abb. 5 Prähistorischer Pilzstein aus Mittelamerika

Ein anderes Beispiel sind die Fundstücke von Schnupfpulverbestecken, die bei Ausgrabungen von Gräbern in Nordchile entdeckt wurden. Bei der chemischen Analyse der anhaftenden Pulverzubereitungen wurden die psychedelischen Wirkstoffe DMT und Bufotenin identifiziert. Rätsch schreibt hierzu: „Die archäologische Analyse ergab, dass über 20% der männlichen Bevölkerung am psychoaktiven Geschnupfe aktiv beteiligt waren.“40

2.2 Naturdrogen und Religion


Es gibt einige Autoren, die den Gebrauch von Rauschmitteln mit der Entstehung von Religion in Zusammenhang bringen. John M. Allegro stellte z. B. 1970 die These auf, dass die Entstehung des Christentums auf den Gebrauch des Fliegenpilzes zurückzuführen ist.41 Auch Terence McKenna vertritt in seinem Buch „Die Speisen der Götter“ die Theorie, dass Religion durch den Gebrauch von Psychedelika entstanden ist.42 Erwähnensw