Edme hatte ihre Wache am Vulkankreis beendet. Erschöpft und mutlos stieg sie von ihrem Knochenhügel herunter. Die letzten zwölf Monde waren hart gewesen, schlimmer als alles, was die Hinterlandwölfe je erlebt hatten. Die Rentierherden waren verschwunden, und damit ihre wichtigste Fleischquelle. Seitdem hungerten die Wölfe. Eine Zeit endloser Hungermonde war angebrochen, denn Frühling und Sommer blieben aus, genau wie die Herden. Es herrschten nur Eis und Kälte. Viele Wölfe waren gestorben. Zu allem Übel tauchte auch noch ein falscher Prophet auf, der die Wölfe auf Abwege führte. Er trug die Maske und den Helm von Gwyndor, einem berühmten Eulenkrieger, der im letzten Glutkrieg gefallen war. Doch statt die hungernden Wölfe zu retten, wie er ihnen weismachte, hatte er viele von ihnen in den Tod geführt.
Faolan und Edme hatten den Propheten gefangen und entlarvt, aber die Toten wurden davon nicht wieder lebendig. Danach war Faolan mit seinen Schwestern zur Stummelkrallen-Spitze gewandert. Er wollte ihnen denDrumlyn zeigen, den er zu Ehren ihrer Mutter errichtet hatte.
Edme war allein zurückgeblieben und sie vermisste ihre Freunde. Auch die, die für immer von ihnen gegangen waren. Als Erstes hatte Edme ihreTaiga Blink in der Hungersnot verloren, dann ihrenMalcadh-Freund Tearlach. Und jetzt war sie ganz allein. Eine einsame Träne tropfte aus ihrem Auge, als sie am Fuß ihres Knochenhügels ankam.
Aber was war das? Edme spitzte die Ohren. Ein tiefes Grollen drang aus den Vulkankratern und eine hohe, schmale Flamme schoss in den Himmel empor. Wie eine Blutfontäne, dachte sie schaudernd. Im Flammenschein blitzte die Träne auf ihrer Wange rubinrot auf und Zwirbel, der gerade vorüberkam, blieb wie angewurzelt stehen.
„Was ist mit dir, Edme? Hast du dich verletzt?“, fragte er besorgt.
„Aber nein“, murmelte Edme verlegen. „Ich weiß nicht, wovon Ihr redet.“
„Oh“, sagte Zwirbel kopfschüttelnd. „Ich hätte schwören können, dass aus deinem Auge Blut tropft, Edme. Aber es war nur das Licht, wie ich jetzt sehe. Was bin ich doch für ein dummer alter Kerl!“
Dann wandte er den Kopf zum H’rathgar-Vulkan. „Das alte Mädchen da drüben gefällt mir nicht, Edme. Sie spielt sich ganz schön auf in letzter Zeit. Und die vier anderen auch, wenn du mich fragst.“ Er hielt inne. „Nun ja,