: Jean Baptiste Molière
: Gesammelte Werke: Lustspiele und Tragikomödien Der Misanthrop + Tartuffe + Die erzwungene Heirath + Der Geizige + Die Schule der Frauen + Die Schule der Ehemänner + George Dandin + Der eingebildete Kranke + Die Zierpuppen
: e-artnow
: 9788026833079
: 1
: CHF 1.80
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: Dramatik
: German
: 590
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Gesammelte Werke: Lustspiele und Tragikomödien' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Molière (eigentlich Jean-Baptiste Poquelin; 1622-1673) war ein französischer Schauspieler, Theaterdirektor und Dramatiker. Er ist einer der großen Klassiker und machte die Komödie zu einer der Tragödie potenziell gleichwertigen Gattung. Vor allem erhob er das Theater seiner Zeit zum Diskussionsforum über allgemeine menschliche Verhaltensweisen in der Gesellschaft. Inhalt: Der Geizige Die Schule der Frauen Die Schule der Ehemänner George Dandin Der eingebildete Kranke Der Misanthrop Die Zierpuppen Tartuffe Die erzwungene Heirath

Erster Akt


Erste Scene


Valère. Elise.

Valère.Wie, meine teure Elise, ich sehe Euch nachdenklich und sorgenvoll, nachdem Ihr eben die Großmut hattet, mich Eurer Treue zu versichern? Muß ich Euch, – ach! – mitten in meiner Freude seufzen sehn? Ist’s Euch leid, mich glücklich gemacht zu haben? Und bereut Ihr das Versprechen, zu dem meine Leidenschaft euch überredet hat? –Elise.Nein, Valère, ich kann nichts bereuen, was ich für Euch gethan habe; ich fühle mich durch eine zu sanfte Gewalt dazu hingezogen, und kann nicht einmal wünschen, daß dies alles nicht geschehen wäre. Aber wenn ich Euch die Wahrheit gestehn soll, unser bisheriger Erfolg beunruhigt mich, und ich fürchte zuweilen, ich liebe Euch mehr als ich sollte.

Valère.Aber, geliebte Elise, was könnt Ihr von Eurer Güte gegen mich besorgen? –Elise.Ach, hunderterlei: den Zorn meines Vaters, die Vorwürfe der Familie, das Urteil der Welt: mehr aber als dies alles, Valère, die Wandelbarkeit Eures Herzens, und die schnöde Kälte, mit der ihr Männer so oft die zu warmen Äußerungen einer unschuldigen Neigung vergeltet.

Valère.Um alles in der Welt, thut mir nicht das Unrecht an, mich nach andern zu beurteilen. Traut mir alles Mögliche zu, teure Elise, nur nicht, daß ich meine Pflicht gegen Euch vergessen könnte. Dazu liebe ich Euch zu sehr, und meine Liebe wird nur mit meinem Leben erlöschen! –Elise.Ach, Valère, das sagt jeder. Alle Männer gleichen sich in ihren Reden, und nur ihre Thaten unterscheiden sie.

Valère.Wenn wir denn nur an unsern Thaten erkannt werden, so wartet wenigstens, bis Ihr mein Herz nach meinem Thun beurteilen könnt, und laßt Eure ungerechte Furcht, die nur auf einer melancholischen Voraussicht beruht, mir nicht Verbrechen andichten, die meiner Seele fern liegen. Erspart mir, ich bitte Euch, die tödlichen Dolchstiche eines kränkenden Verdachts, und gönnt mir Zeit, Euch durch tausend und aber tausend Beweise von der Aufrichtigkeit meiner Liebe zu überzeugen.

Elise.Wie leicht läßt man sich überreden, wenn man liebt! Ja, Valère, ich halte Euch für unfähig, mich zu betrügen; ich glaube, daß Ihr mich wirklich liebt, und mir treu bleiben werdet, ich will nicht länger zweifeln, und meinen Kummer auf die Furcht vor dem Tadel beschränken, der mich treffen wird.

Valère.Was aber habt Ihr zu fürchten? –Elise.Nichts, Valère, wenn die ganze Welt Euch mit meinen Augen ansähe; und ich finde in Eurem Wesen die beste Berechtigung für mich, zu handeln, wie ich’s thue. Meine Herzenswahl wird gerechtfertigt durch Euer Verdienst, und stützt sich überdem auf eine Dankbarkeit, zu der der Himmel selbst mich gegen Euch verpflichtet hat. Jede Stunde denke ich an die entsetzliche Gefahr, in der wir uns zuerst einander begegneten; an die bewunderungswürdige Großmut, mit der Ihr Euer Leben wagtet, um