: Rudolf Treichler
: Die Entwicklung der Seele im Lebenslauf Stufen, Störungen und Erkrankungen des Seelenlebens
: Verlag Freies Geistesleben
: 9783772541278
: 7
: CHF 14.20
:
: Angewandte Psychologie
: German
: 421
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Rudolf Treichler schildert anschaulich den Zusammenhang der seelischen Entwicklung mit dem Lebenslauf des Menschen. Auf dieser Grundlage werden auch biografische Krisen und psychische Erkrankungen ausführlich behandelt. Zugleich erhält der Leser zahlreiche Anregungen und weitere Gesichtspunkte zur Selbsthilfe und Therapie.

Rudolf Treichler wurde 1909 in Schondorf am Ammersee geboren, war Schüler an der Stuttgarter Waldorfschule und studierte anschließend Medizin. Nach Abschluss des Studiums mit einer psychiatrisch-literarischen Dissertation über Friedrich Hölderlin eröffnete er 1945 ein psychiatrische Praxis in Stuttgart, 1959 wurde er leitender Arzt an der Friedrich-Husemann-Klinik in Buchenbach / Schwarzwald. Ab 1974 war er als Dozent, Schriftsteller und frei praktizierender Nervenarzt tätig. Rudolf Treichler starb 1994.

I.


Grundlegendes
zum menschlichen Lebenslauf


Der Lebenslauf des Menschen ist nicht ein Geschehen, das bloß abläuft. Durch die Erinnerung beschworen, kann der eigene Lebenslauf zunächst als ein zeitliches Gebilde wahrgenommen werden, als ein gewachsener und gegliederter Organismus, der eine Entwicklung hat. Dieselbe Entdeckung einer Zeitgestalt kann man bei anderen Lebensläufen machen. Aus jedem Lebenslauf tritt uns ein Mensch entgegen mit einem lebenslangen Werden. Beschreiben wir für uns, für die Welt einen solchen Lebenslauf, so wird eine Biografie daraus. Bevor jedoch eine Biografie geschrieben werden kann, «schreibt» sie der Mensch selbst durch sein Leben in die Welt ein, der Biograf schreibt eigentlich nur diese «Urschrift» ab.2

Leben hat auch die Pflanze, hat auch das Tier, doch wird hier die Biografie nicht von der einzelnen Pflanze, vom einzelnen Tier «geschrieben». Das Leben derPflanze wird ganz vom Kosmos bestimmt. Insbesondere ist es die Sonne, nach der sich die Pflanze orientiert; ihr Licht bewirkt – durch den Vorgang der Assimilation –, dass sich die Pflanzengestalt aus der Luft verdichtet.

DasTier emanzipiert sich bis zu einem gewissen Grad von der Außenwelt, indem es in seinem sich abschließenden Organismus das Leben des Kosmos verinner