: Christine Riedl-Valder
: Aventinus Pionier der Geschichtsforschung
: Verlag Friedrich Pustet
: 9783791760537
: kleine bayerische biografien
: 1
: CHF 11.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 136
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Gastwirtssohn Johannes Turmair aus Abensberg, besser bekannt als Aventinus, machte eine erstaunliche Karriere: Er wirkte am Hofe Herzog Wilhelms IV. als ein einflussreicher Prinzenerzieher. Während seiner Tätigkeit als offizieller Landeshistoriograf leistete er eine immense Forschungsarbeit in den bayerischen Archiven und betrieb kritische Quellenstudien. Seine Werke waren wegweisend für die neuzeitliche Geschichtsschreibung in Deutschland. In ausdrucksstarker Umgangssprache machte er sein Wissen jedermann zugänglich und beschrieb Land und Leute so treffend, dass seine Texte noch heute aktuell sind. Die Biografie beleuchtet Lebenswerk und Schicksal dieses bedeutenden Humanisten, der als kritischer Freigeist nach Unabhängigkeit strebte, im katholischen Herzogtum aber einen schweren Stand hatte.

Christine Riedl-Valder, Dr. phil., geb. 1957, arbeitet als Kulturjournalistin und hat viele Beiträge zu Literatur, Kunst und Geschichte Bayerns veröffentlicht.

2   Ein humanistischer Bildungsweg (um 1490–1508)


Einige Umstände sprechen dafür, dass Johannes Turmair nach der Abensberger Lateinschule seine Ausbildung in der ersten Hälfte der 1490er-Jahre an der Domschule in Regensburg fortsetzte. Seine fundierten Mathematik- und Lateinkenntnisse sowie die enge Beziehung zu seinem späteren Mentor Konrad Celtis weisen darauf hin. Vielleicht hatten ihn die Eltern anfangs sogar für einen geistlichen Beruf bestimmt. Einer Angabe zufolge erhielt Turmair 1496 in Regensburg die Akolythenweihe, die höchste der vier niederen Weihen, die dazu berechtigte, dem Priester beim eucharistischen Opfer und bei der Spendung der Sakramente zu assistieren. Sie war Voraussetzung für die Priesterweihe. Doch der junge Abensberger sollte diese Laufbahn nicht weiter verfolgen. Schon die Wahl seines ersten Studienortes weist darauf hin.

Der damals schon berühmte Dichter Konrad Celtis, der für den jungen Johannes Turmair zum wichtigsten Lehrer und engen Berater werden sollte, hatte nach seinem Wanderleben durch die wichtigsten Bildungsstätten Europas im Winter 1492/93 für einige Monate die Leitung der Domschule in Regensburg übernommen. Seine Vermittlung auf diesen Posten erfolgte durch den Regensburger Kanoniker Johannes Tolhopf (1429–1503), einen der bedeutendsten Mathematiker im süddeutschen Raum, der später als Rektor an der Universität Ingolstadt agieren sollte.

Celtis war zeit seines Leben auf der Suche nach alten Handschriften antiker und mittelalterlicher Autoren. In Regensburg arbeitete er vor allem in der Bibliothek des Benediktinerklosters St. Emmeram. Sie besaß mit ihrem reichen Handschriftenbestand eine der bedeutendsten Sammlungen. Johann Tegernpeck, der 1471 zum Abt gewählt worden war, hatte den Bestand systematisch um eine große Anzahl gedruckter Werke erweitert. Der neue Abt Erasmus Münzer (Amtszeit 1493–1517) pflegte selbst enge Kontakte zu einzelnen Humanisten und förderte deren Forschungen.

 

Aventins Lehrer Konrad Celtis

Konrad Celtis (1459–1508; eigentlich Konrad Pickel/Bickel), Sohn eines Winzers aus Wipfeld bei Schweinfurt, studierte an der Artistenfakultät in Köln und erwarb in Heidelberg, wo er Schüler des Humanisten Rudolf Agricola war, den Magistergrad. Nach Studien in Rostock und Erfurt lehrte Celtis 1486 in Leipzig. Seine »Ars versificandi et carminum« (1486), die dort entstand, war das erste Poetik-Lehrbuch des deutschen Humanismus. 1487 wurde er auf Empfehlung Kurfürst Friedrichs von Sachsen auf dem Nürnberger Reichstag von Kaiser Friedrich III. als erster deutscher Dichter mit dem Titel »poeta laureatus« ausgezeichnet. Die anschließende Italienreise brachte ihn in Kontakt zu führenden Humanisten. Nach einem Abstecher nach Ungarn lehrte er 1489 in Krakau und reiste bis Danzig. Nach längeren Aufenthalten in Prag und Nürnberg sowie weiteren Stationen in Ingolstadt (ab 1591/92), Regensburg (ab 1592) und Heidelberg (1595/96) verbrachte er sein letztes Lebensjahrzehnt überwiegend in Wien, wo er ab 1497 einen Lehrstuhl für Poetik und Rhetorik innehatte.

Celtis reformierte die universitären Lehrpläne, gründete und pflegte Netzwerke unter den Wissenschaftlern durch umfangreiche Korrespondenzen und die Förderung von literarischen Gesellschaften, sorgte für die Wiederbelebung antiker Dichtung, brachte die »Germania« von Tacitus und andere Werke heraus. Er initiierte und führte das Wiener Poetenkolleg (1502 eröffnet), leitete Theaterabende am Wiene