Es gibt keine Unschuld der Begriffe, gerade der geographischen nicht. Über Jahrhunderte bildete Palästina, so wie es im 20. Jahrhundert unter britischem Mandat gebildet wurde, keine eigenständige geographisch-politische Einheit: Die Grenzen und Namen wechselten, und ebenso wechselte die Bevölkerung.[1] Als Teil des Fruchtbaren Halbmonds, der sich vom Mittelmeer bis zum Persisch-Arabischen Golf erstreckt und vom Taurus- und Zagros-Gebirge im Norden bis zur arabischen Wüste im Süden, war Palästina von früher Zeit an Durchgangsland und damit – freiwillig oder unfreiwillig – zugleich Ort der kulturellen Begegnung und des kulturellen Austauschs. Als untrennbarer Bestandteil des «großen» oder «historischen» Syrien weist es wenige natürliche Landmarken auf und hat vom Mittelmeer abgesehen keine «natürlichen Grenzen». Die Jordansenke als Teil des von Nordsyrien bis Zentralafrika reichenden großen Grabenbruchs und die Halbinsel Sinai boten den Bewohnern des Gebiets keinen «natürlichen» Schutz.[2] Seine Grenzen waren von Menschen gesetzt und also politische Grenzen, häufig genug nicht von der lokalen Bevölkerung bestimmt, sondern von stärkeren Nachbarn, variabel und selten präzise anzugeben. Immerhin läßt sich über längere Zeiträume eine territoriale Ordnung ausmachen, die in West-Ost-Richtung vom Mittelmeer bis z