Da ist dieser Mann, und er erzählt dir eine Geschichte. Bloß eigentlich nicht.
Ihr sitzt beieinander auf unbequemen, wetterfesten Stühlen. Er hat sie beide hier nach draußen geschleift, sogar den Tisch hergeschleppt, und niemand aus dem Café hat irgendwelche Einwände erhoben. Mit Überzeugung sagte er: »Der erste schöne Tag des Jahres. Wie wundervoll.« Und hinterwundervoll ließ er eine Pause, in der er dich nicht anschaute.
Obwohl du auch nicht hinsiehst – ihn nicht ansiehst – hast du das deutliche Gefühl, dasser nicht hersieht. Du hast es gespürt. Wenn er gefragt hätte, wie es war, hättest du es ihm sagen können –es ist wie eine zärtliche Leere, oder ein seltsames Farbenspiel im Lichteinfall.
Er hat natürlich nicht gefragt.
Du hast es ihm natürlich nicht gesagt.
Aber du warst aufmerksam.
Bist du immer noch.
Dann hatte er »Schön« hinzugesetzt, ziemlich leise und irgendwie hilflos, worauf er sich zusammengerissen und die Stühle noch einmal zurechtgerückt hatte. Seine Bewegungen dabei deuteten eine frohe Gewissheit an – es gab vielleicht reichlich Raum für Zweifel, doch dessen war er sicher: sich gegenüber zu sitzen, würde nicht funktionieren. Und jeder Mensch hätte ihm geraten, dass nebeneinander ein wenig exzentrisch wirkte, wenn nicht gar an Rentner erinnerte, die auf einer Bank am Meer den Tod erwarteten – einer Bank von der Sorte, die Stadtverwaltungen gern vor schöne Aussichten stellen, um anderer Rentner zu gedenken, die ebenfalls gern vor schönen Aussichten saßen.
Du kannst dir eine Zukunft vorstellen – du kannst gar nicht anders als sie dir vorstellen – in der du dich an ihn lehnst und über deine Arthritis nachdenkst, oder seine künstliche Hüfte, und wie der Wind zaust, was noch von allem übrig ist, weshalb du ihn noch mehr liebst, während er dich mit vergleichbarer Intensität wiederliebt. Oder vielleicht würdet ihr auch nur Sandwiches essen, eine Pause in vertrauter Bitterkeit, und dann nach Hause gehen und euch ein weiteres Jahrzehnt gegenseitig hassen. Das ist nicht ungewöhnlich.
Aber unangemessen. Dies ist eure erste Verabredung. Wieso stellst du dir den braunen Parka vor, in dem er, wie du offenbar glaubst, klapprige Urlaubsreisen unternehmen wird? Wieso beschwörst du häuslichen Horror herauf, und Zank über zu viele Gürkchenscheiben, die das eklige Brot durchweicht haben? Wieso nimmst du überhaupt an, dass ihr ekliges Brot essen werdet?
Es ist ja nicht so, dass du diesen Quatsch glaubst –»Ich kann Gürkchen nicht ausstehen, das weißt du. Und dieses Brot ist eklig. Wo sind meine Tabletten?« – eher so, dass du dir lieber fiktive Katastrophen vorstellen als mit der Erkenntnis klarkommen möchtest, wie viele wahre Dinge schiefgehen können.
»In dem Parka werden sie dich mal begraben.«
»Das sollen sie mal versuchen.«
Dieser Mann ist kein Rentner im Parka. Er ist immer gut angezogen, und das heißt, er weiß um seine Gestalt. Das weißt du zu schätzen. Ohne hinzuschauen. Ohne zu viel hinzuschauen.
Und er weiß auch, welche Gestalt die Umgebung braucht, ehe er dir endlich zu sitzen gestattet. Er brauchte Stühle im rechten Winkel: sodass ihr einander über die Tischecke nah genug seid, aber nicht zu nah. Er wollte nicht, dass du ihm zu nah bist.
Vielleicht hast du bei ihm also von Anfang an zwiespältige Gefühle hervorgerufen.
Oder vielleicht ist deine Verabredung auch ausweichend – oder auch rücksichtsvoll, schüchtern, romantisch, ein Aufreißer, zwanghaft, ein Kontrollfreak oder sonst wie komisch.
Deine Gedanken zucken und prallen durch eine Reihe verstörender Aussichten: Er könnte beengte Tische gewohnt sein, womöglich auf Wohnwagen stehen, in einer winzigen Bürozelle arbeiten, in Mini-Casinos pokern,