1. Kapitel
Ich kochte vor Wut und brannte auf einen Kampf. Meine Muskeln schrien danach, auf einen Gegner loszugehen. Ein bernsteinfarbener Machtrausch vernebelte mir die Gedanken. Ich war der Apollyon. Ich kontrollierte die vier Elemente und sogar das fünfte und mächtigste –Akasha. Von mir bezog der Göttermörder seine Energie. Ich war sein Motor – das Ass in seinem Ärmel. Ich war der Anfang, und er war das Ende. Und gemeinsam waren wiralles.
Doch ich konnte nichts tun, als hin und her zu laufen. Eingesperrt und hilflos durch die Zeichen, die in den Beton über mir eingeritzt waren, und Gitter, die ein Gott geschmiedet hatte.
»Alex.«
Natürlich, ich war nicht allein. O nein. Meine eigene, persönliche Hölle war eine Party für zwei. Eigentlich sogar ein Dreier … oder irgendwie ein Vierer. Klang lustiger, als es war. Stimmen … so viele Stimmen in meinem Kopf.
»Erinnerst du dich?«
Ich senkte den Kopf und spürte, wie sich die Muskeln streckten und die Knochen knackten. Dann wiederholte ich die Bewegungen auf meiner Linken und bewegte die Finger. Kleiner Finger, Mittelfinger, Zeigefinger … immer und immer wieder.
»Ich weiß, dass du mich hören kannst, Alex.«
Ich blickte über die Schulter und verzog verächtlich die Lippen. Mann, mit diesem Reinblut hatte ich ein Hühnchen von der Größe eines T-Rex zu rupfen! Auf der anderen Seite der Gitter stand Aiden St. Delphi. Dort erhob er sich unerschütterlich wie ein Fels. Aber ohne den Schutz von Hephaestus oder Apollo zwischen uns würde er rasch zu einem unbedeutenden Nichts werden.
Nein. Nein. Nein.
Aus eigenem Antrieb fuhr meine Hand zu der Kristallrose und tastete die glatten, zarten Formen ab.Er war alles.
Ein scharfer Schmerz durchfuhr meine Schläfen und ich knurrte. Ich warf ihm einen hasserfüllten Blick zu und drehte mich zu der kahlen Betonwand um. »Ihr hättet mir das Elixier weitergeben sollen.«
»Ich hätte dir das Elixier nie verabreichen dürfen«, hielt er dagegen. »Es war nicht der richtige Weg, um dich zu erreichen.«
Ich lachte kalt. »Ach, ich habe schon verstanden.«
Eine Pause. »Ich weiß, dass du noch dort drinnen bist, Alex. Hinter dieser Verbindung bist du immer noch du selbst. Die Frau, die ich liebe.«
Ich öffnete den Mund, aber es kamen keine Worte heraus – nur Erinnerungen zogen an mir vorüber: wie ich am Wasser stand und Aiden gestand, dass ich ihn liebte. Und dann ein endloser Strom von Gedanken und Handlungen, die sich alle um ihn drehten. Monate, wenn nicht Jahre spulten sich immer wieder ab, bis ich nicht mehr zwischen Vergangenheit, Gegenwart und dem Zustand unterscheiden konnte, der einmal meine Zukunft werden würde.
Er schien zu spüren, welche Richtung meine Gedanken eingeschlagen hatten. »Vor ein paar Tagen hast du noch gesagt, dass du mich liebst.«
»Vor ein paar Tagen war ich hackedicht und habe mich in Schränken versteckt – und zwar dank dir.« Ich fuhr gerade noch rechtzeitig herum, um ihn zusammenzucken zu sehen. Gut. »Du hast mir das Elixier gegeben.«
Aiden sog scharf den Atem ein, aber er senkte weder beschämt noch schuldbewusst den Blick. Er sah mir unverwandt in die Augen, obwohl er darin vermutlich etwas erkannte, das er mit jeder Faser seines Wesens hasste. »Ja.«
Ich atmete tief und mühsam ein. »Irgen