: Monika Renz
: Hoffnung und Gnade Erfahrung von Transzendenz in Leid und Krankheit - Spirit
: Kreuz
: 9783451802508
: 1
: CHF 11.70
:
: Lebensführung, Persönliche Entwicklung
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Nirgendwo klaffen Hoffnung und Gnade so weit auseinander wie in Leid und Krankheit. Und nirgendwo finden diese Worte so nahe zusammen wie genau hier: Kranke, Verzweifelte machen in ungeahnter Dichte und Häufigkeit Transzendenzerfahrungen. Ihr Leiden erhält Öffnung, Wendung. Spiritualität ist mehr als Bewusstseinserweiterung. Sie macht ergriffen von einem ewig Anderen. Monika Renz, eine der wegweisenden Persönlichkeiten im Bereich 'Spiritual Care'' berichtet, was sie Tag um Tag mit schwerkranken Menschen erlebt und gibt Anleitung für Begleiter und Angehörige. Eine Fundus für alle spirituell Interessierten: spannend und erfahrungsstark.

Monika Renz, Dr. phil. Dr. theol., Musik- und Psychotherapeutin FSP. Seit 1998 Leiterin der Psychoonkologie am Kantonsspital St.Gallen. Forschungstätigkeit im Grenzbereich von Sterbeerfahrung und Spiritualität, von Psychologie, Theologie und Musiktherapie. Internationale Kurs- und Vortragstätigkeit, Lehraufträge und Gastvorlesungen. Weitere Informationen unter: www.monikarenz.ch

1  Spiritualität ist Erfahrung


1.1 Ist Gott erfahrbar?


Ob es Gott gibt oder nicht, diese Frage erhitzt die Gemüter nicht mehr. Die Meinungen sind weitgehend gemacht, zumindest in Westeuropa. Gott ist weder beweisbar noch widerlegbar. Unter den Nägeln brennt die Frage nach Spiritualität und derErfahrung: Ist Gott, ist das Göttlicheerfahrbar? Kann man solchen Erfahrungen Glauben schenken? Haben sie einen Einfluss auf unser Leben? Und an wen können wir uns damit wenden inmitten einer Kultur und Religion, die dafür kaum Gehör hat? Im Folgenden achte ich auf das, was Menschen unserer Tage – vorab Kranke und Leidgeprüfte – mit Gott oder als ein Göttlichesvermissen underfahren. Und ich begreife die Erfahrungen mit dem Unbegreiflichen als Spiritualität. Spiritualität hat grundsätzlich mit Erfahrung zu tun.

1.2 War das Transzendenzerfahrung? Beispiele


Ein Erlebnis wurde mir persönlich zum Initialzünder im Thema Spiritualität. Es begann mit folgendem Traum: »Ich sitze in einem kleinen Auto. Es ist mein Wagen und doch sieht er anders aus. Plötzlich steht daneben ein riesiger Bär, zehn Meter groß. Er ist im Begriff, mich mitsamt dem Auto zu verschlingen. Es gelingt ihm nicht. Dreimal dasselbe Geschehen, derselbe Schreck. Haarscharf am Tod vorbei, bin ich schlussendlich gerettet. Neben mir steht das zerstörte, glänzend gewordene Auto. Ich sage resolut: »Jetzt ergreife ich das Steuer.«

Tags darauf fliege ich zu einem Kongress, Thema: Spiritualität. Im Anschluss an meinen Vortrag werde ich, wie nie zuvor, mit Fragen bestürmt: Ob ich persönlich an die Möglichkeit von Gotteserfahrung glaube? Ob das, was Menschen dann erleben, wirklich Gott sei? Nach dem Kongress werde ich in einem kleinen Auto auf der dreispurigen Autobahn im Abendverkehr zum Wiener Flughafen chauffiert. Plötzlich fährt bei Höchstgeschwindigkeit haarscharf rechts neben uns ein anderes Auto auf uns zu. Schleudern – nach links, nach rechts, nach links … dann ist nur noch Licht, blendendes Licht da. Endlich kommt das Auto zum Stehen, halbwegs quer zur Fahrbahn. Ein Bus donnert auf uns zu und vermag gerade noch zu bremsen. Unser Auto ist noch fahrtauglich. Ich steige vom Rücksitz aus und sage: »Jetzt fahreich.« Wie ich mich am Flughafen verabschiede, schaue ich nochmals zum Auto zurück und erschrecke: So ähnlich hatte das Auto im Traum ausgesehen.

War das eine Erfahrung mit einem Transzendenten, mitGott? Was soll ich damit anfangen? Wie kann ich meinen Traum im Vorfeld dieses Ereignisses verstehen? Mich schauderte über Tage. Eines weiß ich seither: Spiritualität hat mit einem in menschlichen Kategorien nicht fassbar »Großen« (Traumbild riesiger Bär) zu tun. Und der Umgang damit setzt von Seiten des Menschen Autonomie (Traumbild Auto) und ein steuerungstüchtiges Ich voraus. Und ich überlege: Ich wäre töricht oder eine verbissene Atheistin, würde ich nicht glauben. Umgekehrt wäre ich sektiererisch, würde ich mir nicht auch meine Zweifel und eine nüchterne Distanz erlauben.

Norbert Noth, ein Sterb