: Renate Zitt, Thomas Zippert, Joachim Weber, Thomas Waldeck, Lutz Müller-Alten, Peter Höhmann, Ulrike
: Ralf Evers, Volker Herrmann, Ralf Hoburg, Renate Zitt
: Wahrnehmen
: Kohlhammer Verlag
: 9783170271388
: 1
: CHF 23.00
:
: Praktische Theologie
: German
: 246
: Wasserzeichen/DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB/PDF
Wahrnehmen - was ist das? Worauf kommt es an bei der Wahrnehmung sozialer Wirklichkeit? Welche Zugänge sind produktiv für die Annäherung an die Wirklichkeit sozialer Berufe? Soziale bzw. helfende Berufe haben sehr viel damit zu tun, andere Menschen in ihrer Lebensbewältigung zu unterstützen und zu begleiten. Hierfür sind hilfreiche Strukturen in der Gesellschaft zu kultivieren. Die helfenden Professionen greifen dabei auf Menschenbilder, Gesellschaftsbilder, soziale Gegebenheiten, Strukturen und Ziele für ein 'gelingendes Leben' zu, bezogen auf den jeweils Anderen in seinen spezifischen Kontexten sozialer Wirklichkeit. Den Anderen in seiner sozialen Wirklichkeit wahrnehmen ist damit Grundkompetenz in sozialen bzw. helfenden Berufen.

Prof. Dr. Renate Zitt, Darmstadt; Prof. Dr. Joachim Weber, Mannheim; Pfarrer Thomas Waldeck, Darmstadt; Prof. Dr. Frank Dieckbreder, Bielefeld; Prof. Dr. Lutz Müller-Alten, Darmstadt; Prof. Dr. Thomas Zippert, Bielefeld; Prof. Dr. Ulrike Höhmann, Darmstadt; Dr. Peter Höhmann, Darmstadt.

Wahrnehmung aus philosophisch-theologischer Sicht


Thomas Waldeck

Zusammenfassung

Die christliche Theologie ist die Wissenschaft von Gott , von dem Gott, der Grund allen Seins ist, der Gott, der als die umfassende Wirklichkeit gedeutet werden kann. Gottes Wirklichkeit und die Wirklichkeit des Menschen sind nicht voneinander zu trennen.

Eine Verständigung über die Wirklichkeit und damit über Gott kann aber nur im Kontext der Wahrnehmung erfolgen. Wirklichkeit ist nicht nur einfach da, sie muss wahrgenommen und gedeutet werden. Theologie ist deswegen auch zentral Wahrnehmungs -Wissenschaft. Als Wahrnehmungswissenschaft ist die Theologie grundsätzlich interessiert an dem Phänomen der Wahrnehmung , wie es im philosophischen, biblischen und weltreligiösen Kontext erscheint.

In dem vorliegenden Artikel sollen die Voraussetzungen von religiöser Wahrnehmung geprüft, Wahrnehmungsspuren Gottes in der christlichen Bibel entdeckt, aber auch die Welt- und Selbstwahrnehmung erörtert werden. Dabei wird erhofft, dass die theologischen Wahrnehmungsmodelle dazu verhelfen, Alltagswirklichkeit tiefer zu verstehen und zu transzendieren . Ein kleiner Blick in die Wahrnehmungsmodelle der Religionen und mögliche Schlussfolgerungen für die sozialpädagogische Arbeit schließen sich an.

1Zur Einführung: Die Religion, die Musik, die Menschen und die Wahrnehmung

Zweimal hat Jürgen Habermas sich öffentlich als religiös unmusikalisch bezeichnet, einmal in seiner Rede anlässlich der Verleihung des Deutschen Friedenspreises 2001 und zum anderen Mal in den öffentlich ausgetragenen Gesprächen mit Kardinal Joseph Ratzinger im Jahr 2004. Habermas, einer der großen Intellektuellen unserer Zeit, knüpft mit seinem Stichwort der religiösen Unmusikalität an Max Weber an:

Denn ich bin zwar religiös absolut unmusikalisch und habe weder Bedürfnis noch Fähigkeit irgendwelche seelischen Bauwerke religiösen Charakters in mir zur errichten das geht einfach nicht, resp. ich lehne es ab. Aber ich bin, nach genauer Prüfung, weder antireligiös noch irreligiös. Ich empfinde mich auch in dieser Hinsicht als einen Krüppel, als einen verstümmelten Menschen, dessen inneres Schicksal es ist, sich dies ehrlich eingestehen zu müssen, sich damit um nicht in romantischen Schwindel zu verfallen abzufinden, aber [ ] auch nicht als einen Baumstumpf, der hie und da noch auszuschlagen vermag, mich als einen vollen Baum aufzuspielen. Aus dieser Attitüde folgt viel [ ].1

Mit seinem Bekenntnis ist Habermas nicht allein: Menschen treten der Religion ablehnend, vor allem aber neutral entgegen. In einer säkularen Gesellschaft wird Religion vielfach nicht mehr als Deutungsmöglichkeit des Lebens, nicht nur des eigenen, sondern auch des gesellschaftlichen Lebens und Miteinanderlebens, angesehen. Die religiösen Angebote (Vorträge, Seminare, Gottesdienste, Feiern) der unterschiedlichen religiösen Gruppe