Und wie soll ich dann mit dir reden?
Die Lampe am Zoll in Mexico City leuchtete grün – zum Glück, denn ich hatte fünfzig Paar Unterwäsche mit Etiketten in meinem Koffer. Die Wäsche war von Victoria’s Secret, und sie war für meine Mutter, damit die sie mit einem Preisaufschlag von dreihundert Prozent an die Jugendlichen bei sich im Ort weiterverkaufen konnte. Sie führte ein Hotel in Pie de la Cuesta, einem Fischerdorf, etwa zehn Kilometer westlich von Acapulco, und sie meinte, die Mädchen dort wollten solche Unterwäsche mehr als Marijuana. Ich fand, das hörte sich an wie die Idee einer Zweitklässlerin, sagte aber, ich würde es machen, weil ich sie seit drei Jahren nicht mehr besucht hatte.
Abgesehen von der Unterwäschelieferung an meine Mutter wollte ich die Reise dazu nutzen, ihr zu sagen, dass ich lesbisch bin, sie zu bitten, endlich wieder mit Opa zu reden, damit ich mich nicht mehr so schlecht dabei fühlen musste, seinen Scheck für die Studiengebühren anzunehmen, und ganz generell die zehn Jahre wieder wettzumachen, die ich in Kalifornien auf der Middle School, der Highschool und dem College gewesen war und sie in Mexiko, erst in der Hauptstadt und dann am Strand.
Sie sollte mich am Flughafen abholen, sagte mir dann aber in letzter Sekunde, so spät am Abend sei es sicherer, mit dem Bus zu fahren und nicht mit dem Auto. Sie meinte, ich sei ja früher schon in Mexiko Bus gefahren, aber ich war mir ziemlich sicher, dass das nicht stimmte. Die anderen Male, die ich meine Mutter in Mexiko besucht hatte, wohnte sie im Haus ihrer Eltern in Mexico City, und Opas Chauffeur holte mich am Flughafen ab.
Meine Mutter sagte, dass ich vom Flughafen ein Taxi bis zu dem Busbahnhof im Süden nehmen solle, von da den Bus nach Acapulco und dann noch einen Bus von Acapulco nach Pie de la Cuesta. In Mexico City kam das Taxi an der Ausfahrt nach Rio Piedad vorbei, und ich wünschte mir, wir würden zu Opas Haus fahren. Meine Mutter meinte, ich solle ihm nicht sagen, dass ich käme, aber jetzt dachte ich, ob es nicht eine gute Möglichkeit wäre, sie dazu zu bringen, wieder mit ihm zu reden, wenn ich ihr sagte, sie müsse zu ihm kommen, wenn sie mich sehen wolle. Solange könnte ich schlafen und in Opas Pool schwimmen und mir von seinem Chauffeur Tacos bringen lassen.
Im Bus nach Acapulco schlief ich, und als wir dort ankamen, war es noch dunkel. Noch nicht ganz wach, wartete ich auf den Bus nach Pie de la Cuesta, und als er dann vorfuhr, war es kein Bus mit Klimaanlage und einer Stewardess und Limo und Chips wie der, mit dem ich gerade gefahren war. Es war ein ganz normaler Stadtbus, der mit gefühlten hundertsechzig die Küste entlangkurvte, aber wenn der Bus mal nicht schlingerte und ich nicht über die dunkle Steilküste nach unten guckte, merkte ich, dass er mehr so dreißig fuhr. Es waren noch fünf andere Fahrgäste da, die alle schliefen und deswegen ganz ruhig wirkten. Nur der Busfahrer und ich waren wach und hörten dem knisternden Radio zu.
Hinter dem Bus ging die Sonne auf. Als wir die Steilküste nach unten fuhren, wurde ich langsam nervös. Meine Mutter meinte, wenn der Bus an ihrem rosa Hotel, El Flamenco, vorbeikomme, solle ich«Bajan!» rufen und aussteigen. Während