: Daniel Holbe
: Schwarzer Mann Kriminalroman
: Verlagsgruppe Droemer Knaur
: 9783426426760
: Ein Sabine-Kaufmann-Krimi
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Während die Existenz des Kommissariats in Bad Vilbel auf der Kippe steht, wird das Ermittlerteam Sabine Kaufmann und Ralph Angersbach auf eine harte Probe gestellt. Ein Mord in der Provinz scheint Ralph persönlich zu betreffen, denn der Mörder hat es offenbar auf seine Familie abgesehen. Plötzlich ist er mit Menschen konfrontiert, von denen er bis dahin nichts wusste und deren kriminelle Vergangenheit ihn zu überrollen droht. Sabine Kaufmann versucht nach Kräften, ihren Partner zu unterstützen. Und dann steht Ralph seinem Feind Auge in Auge gegenüber ...

Daniel Holbe, Jahrgang 1976, lebt mit seiner Familie im oberhessischen Vogelsbergkreis. Insbesondere Krimis rund um Frankfurt und Hessen faszinierten den lesebegeisterten Daniel Holbe schon seit geraumer Zeit. So wurde er Andreas-Franz-Fan - und schließlich selbst Autor. Als er einen Krimi bei Droemer-Knaur anbot, war Daniel Holbe überrascht von der Reaktion des Verlags: Ob er sich auch vorstellen könne, ein Projekt von Andreas Franz zu übernehmen? Daraus entstand die Todesmelodie, die zum Bestseller wurde. 

2013

Montag


Knacksend durchdrang die Messerklinge den hauchdünnen Widerstand. Splitter lösten sich, doch kaum etwas fiel hinunter. Sie drückte die Klinge tiefer, bis mit einem kaum hörbaren Plopp das Innerste erreicht war. Bangend, ob sie die Faktoren Zeit und Größe richtig eingeschätzt hatte, wartete sie auf das, was geschah. Dann ergoss sich ein signalgelber Lavastrom über ihren Daumen, und Sabine Kaufmann fluchte. Nur eine Minute länger. Dann wäre es das perfekte Frühstücksei gewesen.

Kriminalkommissarin bei der Frankfurter Mordkommission. Das war sie in den vergangenen Jahren gewesen. Eine Ermittlerin mit dem scharfen Blick fürs Detail. In der Presse hatte man ihr ein eidetisches Gedächtnis bescheinigt. Fotografische Wahrnehmung. Aber zum einen war diese Fähigkeit nach wie vor ein wissenschaftlich umstrittenes Phänomen, und zum anderen konnte sie es nicht steuern. Doch so oder so war Sabine Kaufmann an einigen vielbeachteten Morduntersuchungen beteiligt gewesen und hatte sich ihre Lorbeeren verdient.

Frustriert schlug sie die Tageszeitung auf. Von draußen drang gleißende Morgensonne in die Küche. Sabines Wohnung lag auf dem Heilsberg in einer hoch gelegenen Siedlung am südlichen Zipfel Bad Vilbels. Frankfurt war nur einen Steinwurf entfernt, wenige Fahrminuten, und doch war alles anders. Ein neuer Job, seit acht Monaten, ein neuer Bezirk, eine neue Mordkommission. Sie war zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Dorthin, wo ihre Mutter Hedwig noch immer lebte. Um geregeltere Arbeitszeiten zu haben und mehr Zeit für sie. Sabines Mutter litt an paranoider Schizophrenie, schubweise, und zuweilen verfiel sie in Alkoholexzesse.

Die Schlagzeilen langweilten die Kommissarin. Lag es am Sommer oder lag es an der Stadt? Nichts geschah,gar nichts. Ihrer Mutter ging es gut wie lange nicht mehr, und die letzte Mordermittlung lag Wochen zurück. Gute Gründe, zufrieden zu sein, wenn man es nüchtern betrachtete. Doch Sabine Kaufmann war eine Frau, die die Herausforderung suchte. Je mehr Tage vergingen, ohne dass etwas passierte, desto frustrierter war sie. Hinzu kam die wachsende Sorge, wie es künftig um ihren Arbeitsplatz bestellt sein würde. Ihren Partner, Ralph Angersbach, hatte man bereits an ein anderes Präsidium verliehen. Und wenn sich am Ende des Jahres herausstellen würde, dass eine Handvoll Gewaltdelikte die Präsenz einer Mordkommission nicht rechtfertigten, bedeutete es das Aus für ihren Schreibtisch in Bad Vilbel. Über das Danach wagte Sabine nicht zu spekulieren.

»Ich habe deinen Vater gesehen.«

Das Klirren des Messers ließ Sabine zusammenfahren. Sie schenkte ihrer Mutter einen entgeisterten Blick.

»Bitte noch mal.«

»Dein Vater«, Hedwig machte ein Allerweltsgesicht, als sei es das Normalste überhaupt, »er ist hier.«

Argwöhnisch musterte die Kommissarin ihr Gegenüber, als befände sie sich in der ernsten Phase einer Vernehmung.

»Papa hat sich vor zwanzig Jahren nach Spanien abgesetzt. Was zum Henker sollte er hier wollen?«

»Ich habe ihn nur gesehen, nicht gesprochen.«

»Wo denn?«

»Hier in der Altstadt.«

»Warum … Was hat er gemacht? Bist du dir ganz sicher?« Es blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf das Gespräch einzulassen. Einen Bezug zu ihrem Vater hatte Sabine Kaufmann nie gehabt, denn auch vor seinem Ausstieg war er praktisch nie da gewesen. Mit den Hochs und Tiefs, den wechselnden Gefährten ihrer Mutter un