: Wolf Richard Günzel
: Der rote Löwe von Kenia
: AtheneMedia-Verlag
: 9783869922393
: 1
: CHF 3.50
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: Erzählende Literatur
: German
: 233
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Roman um Liebe, Gier, Macht, Tod und Intrigen: Kenia 1980, moderner afrikanischer Staat, scheinbar weit entfernt von den hunger- und krisengeschüttelten Regionen des 'Schwarzen Kontinents'. Touristen jagen mit der Kamera auf der Suche nach dem Einmaligen, dem bisher noch nie Gesehenen, und als ein verletzter Löwe auftaucht, der kein Wild mehr jagen kann und inzwischen zum Menschenfresser geworden ist, rücken alle anderen Eindrücke, die nur das 'Wilde Afrika' zu bieten hat, in den Hintergrund. Man ist entsetzt und gleichzeitig fasziniert. Das 'Monster' wird zu einer grausigen Attraktion, avanciert schließlich zum Film- und Medienstar. - - Corporal Maimbo und seine Männer einer Sondereinheit erhalten von der Wildschutzbehörde einen klaren Auftrag: sie sollen den Löwen töten. Walter Heymann, Chef eines exklusiven Safariunternehmens, hingegen sieht das anders. Seit der 'Rote Menschenfresser' aufgetaucht ist, strömen neugierige Gäste aus aller Welt in sein Camp. Um zu verhindern, dass der Löwe erlegt wird, zahlt er Corporal Maimbo eine 'Nichtabschussprämie'. Corporal Maimbo und seine Männer sehen einfach weg, wenn er in ihre Schussweite kommt. Und der Beuteinstinkt des verletzten Löwen wird für einige Menschen zur Katastrophe ...

Wolf Richard Günzel, in der ehemaligen DDR geboren und kurz vor dem Bau der Berliner Mauer nach Westdeutschland geflohen, ist Autor und Naturfotograf. Seit 1982 veröffentlicht er Reiseberichte und Artikel mit eigenen Naturfotografien in den Medien ('Rheinischer Merkur', 'FAZ', 'Der Spiegel', 'Kosmos', 'Das Tier', 'Natur', 'Wild und Hund', 'Mein schöner Garten', 'Aqua-Geo' oder 'Gartenteich-Magazin'). Aus seiner Feder stammen bereits mehrere Bücher, neben belletristischen Werken auch Sachbücher aus dem Umwelt- und Naturbereich. Gemeinsam mit seiner Frau zog Wolf Richard Günzel im Jahre 2003 vom Rheinland in die Oberlausitz, wo die beiden in einem fast 200 Jahre alten, eigenhändig hergerichteten Bauernhaus leben.

Anfang


1

Der Löwe hatte sie nun schon eine halbe Stunde lang beobachtet, den Mann und seine Frau, die sich vor ihm fürchteten und deren Geschmack er noch nicht kannte. Er lag auf der Motorhaube ihres Wagens, starrte mit unschlüssiger Neugierde durch die Windschutzscheibe und wenn er mit der Schwanzquaste aufs Blech schlug, klang es im Auto wie ein Paukenschlag und die Frau fing wieder an zu weinen.

Die ganze Fahrt über hatte sich die Frau in diesem Auto schon nicht wohl gefühlt, und ihrem Mann ging es wahrscheinlich genau so, aber er dachte nicht daran, es zuzugeben. Ursprünglich wollten sie ja an einer organisierten Safari vom Hotel aus teilnehmen: zu sechs Personen in einem zebragestreiften VW-Bus, wie das so üblich war. Aber ihr Mann hatte seine Meinung plötzlich geändert – unglaublich, was Männern so einfiel, wenn sie um die fünfzig waren. Er hatte sich im Hotel ein bisschen mit einer blonden Dame angefreundet, etwa so alt wie seine Tochter. Er unterhielt sich so gern mit ihr, weil sie so intelligent war, hatte er seiner Frau gesagt. Meistens lag sie barbusig am Swimming-Pool, und als er erfahren hatte, dass sie gerade an einer dieser organisierten Standardsafaris teilgenommen hatte, war er mit eingezogenem Bauch auf sie zugegangen, um sich zu informieren. Sie hatte sich die Stöpsel ihres Walkmans aus den Ohren gezogen, die Sonnenbrille ins Haar geschoben und empört gesagt: „Ganze drei Zebras haben wir unterwegs gesehen! Dann das niedrige Niveau dieser Rentnertruppe. Diese fröhlichen alten Leute mit ihrer Schein-Vitalität, wirklich ätzend. Das muss man sich nicht antun. Wozu gibt es Leihwagen?“

Daraufhin hatte der Mann diesen Nissan bei einem Inder in Mombasa gemietet, womit er die größte Dummheit seines Lebens beging. Ein grundsolides Fahrzeug, hatte ihm der dicke Inder versichert und freundlich hinterher gewinkt, als er mit seiner Frau davongefahren war. Der Nissan war tatsächlich bis nach Voi problemlos über die asphaltierte A 109 geschnurrt. Als der Mann in Richtung Namanga abbog und die Schlaglöcher häufiger wurden, ließ es sich aber nicht immer verhindern, dass der Kopf seiner Frau wie ein Fußball unter das Blechdach knallte. Dann lief ihnen plötzlich ein Warzenschwein quer über den Weg und es ereignete sich etwas Seltsames: Der Mann riss das Steuer herum und wollte bremsen. Aber das Pedal ließ sich ohne Widerstand nach unten drücken bis aufs Bodenblech. Der Wagen raste weiter: durch den Straßengraben, einen flachen Hang hinauf, hinein in die baumlose Savanne. Als die Vorderachse einen kleineren Granitblock rammte, gab es noch einmal ein sehr hässliches Geräusch, doch der Wagen stand und es war alles noch mal gut gegangen.

Der Mann lag jetzt unter dem Nissan und starrte auf die Achse. Er konnte ganz gut mit einer Computermaus umgehen. Aber ansonsten war er kaum imstande, einen Nagel in die Wand zu schlagen, und was er da unten sah, machte ihm zumindest klar: es lohnte sich nicht, hier nur irgendetwas eigenhändig anzufassen. „Das sieht nicht gut aus, Schatz“, rief er nach oben. „Ohne einen hydraulischen Wagenheber geht hier gar nichts. Und den haben wir natürlich nicht.“ Er wusste, dass er Unsinn redete. Aber er wollte wenigstens etwas sagen, um nicht als völlig ahnungsloser Trottel dazustehen.

Die Frau im Auto hatte ihr inneres Gleichgewicht noch nicht wiedergefunden und reagierte ziemlich ungehalten: „War das hier meine Idee? Du hättest die kluge Blondine aus dem Hotel mitnehmen sollen, die dir diese Privatsafari eingeredet hat. Die hätte dir jetzt sicher helfen können. Solche Frauen haben immer einen hydraulischen Wagenheber dabei.“

Der Mann murmelte etwas Unverständliches vor sich hin und begann zu überlegen, was die Situation, in der sie sich hier befanden, bedeutete: keine ganz große Katastrophe, aber eine mittlere schon. Man musste jemanden finden, der das Auto abschleppte und sie zurück in ihr Hotel an der Küste brachte. Das alles kostete Zeit und Geld und Nerven. Und dann war da noch die hübsche Blonde in seinem Hotel. Ihr Bericht über die alten Leute mit ih