Westfälische Familie
Marx und Leben
Daheim sind sie fast alle mächtig stolz auf den größten Sohn der Stadt. Auch deshalb, weil Reinhard Marx als gebürtiger Geseker einer von ihnen geblieben ist. Seine steile Kirchenkarriere hat ihn niemals abheben lassen. Und so ist „unser Reinhard“ auch als Erzbischof im fernen Bayern für die meisten, die ihn persönlich kennen, „unser Reinhard“ geblieben. Auch als Kardinal und enger Papstvertrauter auf höchster kirchlicher Ebene. Nicht nur, weil er auch als Weihbischof, Bischof von Trier und jetzt als Metropolit in München seine heimatlichen Wurzeln niemals vergessen hat, sondern sie vielmehr ganz selbstverständlich durch unspektakuläre Besuche und ein ganz natürliches Bekenntnis zur westfälischen Heimat stets pflegte. Nicht nur, weil er im Vereinsleben der Schützenbrüderstadt Geseke einen festen Platz hat. Und auch nicht nur, weil er zu wichtigen Anlässen – kirchlichen wie weltlichen – ungezwungen auftaucht und einfach da ist. Nicht nur Benedikt Laame, der daheim in Geseke die Öffentlichkeitsarbeit für die Stiftskirchengemeinde St. Cyriakus ebenso stolz wie hilfsbereit leistet, erzählt davon.
Reinhard Marx ist auch „unser Reinhard“ geblieben, weil er stolz ist auf seine kleine große Heimat und die Herzensprägung westfälischer Art, die er mit seinen Gesekern teilt. Schmunzelnd nimmt er zur Kenntnis, wenn diese – im Hinblick auf das in München möglicherweise schon bald anstehende Kardinalspurpur – zu Beginn des Jahres 2008 spaßvoll und mit einem Schuss ehrlicher Hochachtung meinen, angesichts des in Chemnitz frei gewordenen Namens könne man ja Geseke irgendwann in „Kardinal-Marx-Stadt“ umbenennen. Dazu wird es freilich nicht kommen. Aber eine Straße oder einen Platz werden sie ihm sicher widmen, diesem Sohn der Stadt, der das kleine und bodenständige Geseke überall bekannt gemacht hat. Später.
Reinhard Marx wurde hier wesentlich geprägt. Wer sein Wesen, seinen Humor und sein nicht immer ironiefreies Selbstbewusstsein verstehen will, sollte sich einen Besuch in Geseke gönnen. Mächtige Mauern, stabile Kirchenräume, eine Schlossruine im zum Stadtteil beförderten Örtchen Störmede, das ebenfalls eingemeindete Barockschloss Eringerfeld, die Reste einer längst abgetragenen Stadtmauer sowie alte Fachwerkbauten zeugen von der langen Geschichte eines Ortes, in der der Name Marx häufig zu finden ist. Übrigens auch der Name Engels. „Beide, Marx und Engels, kommen von hier und wurden zu Priestern geweiht“, erwähnt der heutige Pfarrer Gerald Haringhaus mit einem Lächeln. „Aber das waren nicht Friedrich und Karl“, spielt er auf den zwischenzeitlich in der Marxstadt Trier wirkenden Marx aus Geseke an. Doch seit der Berufung des „Geseker Jungen“, wie sich dieser gegenüber seiner Heimatzeitung selbst bezeichnet, ist die Stadt an der Mosel wieder Marx-frei. Auch wenn der erzbischöfliche Marx in Anlehnung an seinen Namensvetter viel vom Kapital hält – aber von dem, das aus dem Glauben den Christen zu eigen ist und das sie besser und mutiger einset