: Sebastian Urbanski, Bettina Urbanski
: Am liebsten bin ich Hamlet Mit dem Downsyndrom mitten im Leben
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104031927
: Fischer Paperback
: 1
: CHF 13.00
:
: Biographien, Autobiographien
: German
: 272
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
***Das erste Buch aus der Perspektive eines Menschen mit Downsyndrom*** ?Ich bin ein sogenannter Behinderter. Ich möchte mit meinem Buch allen Lesern zeigen, dass man mit uns genauso umgehen kann, wie mit allen anderen Menschen auch.? Sebastian Urbanski schreibt über sein Leben, seine Kindheit in der ehemaligen DDR, seine Jugend im Westen und seine schauspielerische Karriere. Der 36-Jährige hat eine ganz eigene erfrischende Sicht auf die Welt und seine Mitmenschen: einfühlsam, unterhaltsam und anregend zugleich. ?Pablo Pineda ist mein großes Vorbild. Einmal fragte mich ein Journalist, was den spanischen Schauspieler mit Hochschulabschluss und mich verbindet. Ich antwortete ihm:'Der ist fast so wie ich. Er hat seinen eigenen Kopf. Wie ich. Er steckt sich hohe Ziele. Das mache ich auch. Und er hat das Downsyndrom.'?

Sebastian Urbanski ist Schauspieler und Synchronsprecher, u.a. in ?Me too - Wer will schon normal sein??. Als Hauptdarsteller in der ARDProduktion ?So wie du bist?, begeisterte er Millionen Zuschauer. Urbanski gehört zum festen Ensemble des »Ramba-Zamba- Theaters« und lebt in Berlin.

Hoch stand der Sanddorn auf Hiddensee


Auch Daniel inMe too ist bei seiner Familie aufgewachsen. Seine Mutter hat ihn aber nie richtig akzeptiert. Im Film sagt sie ihm ins Gesicht, dass er für sie ein Weltuntergang war. Auch für meine Familie war es ein Schock, als sie erfuhr, dass ich das Downsyndrom habe. Sie hat mich aber angenommen, wenngleich es bei manchen, wie bei Oma Ilse, etwas länger dauerte. Daniel war nun mal da und seine Mutter hätte ihn – genau wie sein Vater – nehmen sollen, wie er ist. Vor allem hätte sie ihm nicht immer wieder sagen sollen, dass er für sie ein Weltuntergang war. Ebenso halte ich die Ansprüche von Daniels Mutter an ihren Sohn für zu hoch. Er sagt es zwar nicht, doch sein Gesichtsausdruck beim gemeinsamen Englischlernen drückt aus, wie unglücklich er ist. Auch meine Eltern wollten, dass ich weiterkomme. Dafür wurde ich nach Kräften gefördert und manchmal heftig herausgefordert, doch ich habe mich nie unter Druck gesetzt gefühlt. Heute bin ich froh, dass ich so unterstützt wurde und dass meine Eltern immer an mich geglaubt haben. Dabei begann alles sehr dramatisch.

 

»Was ist los? Stimmt etwas nicht mit Sebastian?« Vati hatte schon länger auf die Oberärztin gewartet.

»Am besten gehen wir rüber. Ihr Sohn ist auf der Neugeborenenstation im Haus nebenan.«

Vati folgte ihr. Draußen herrschte Matschwetter, in der Nacht hatte es einen Wetterumschwung gegeben. Es war windig, der Himmel grau verhangen. Auf den Wegen, die die einzelnen roten Klinkergebäude der Klinik miteinander verbanden, lagen Schneereste.

»Wie geht es meinem Sohn? Wo ist er? Können Sie schon irgendetwas sagen?« Vati war sehr aufgeregt, er stellte alle Fragen auf einmal. »Meine Frau sagt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Sie hat auf dem Krankenblatt die Bezeichnung Trisomie21 gelesen. Was ist das? Eine Krankheit? Wir haben das noch nie gehört. Wir machen uns Sorgen.«

»Wir sind uns nicht sicher.«

»Wie – nicht sicher?«

»Es ist nicht alles so, wie wir es uns wünschen. Es besteht der Verdacht auf eine Erbkrankheit, also eine Behinderung«.

»Eine Erbkrankheit? Eine Behinderung? Meinen Sie Mongolismus?«

»Ja, ja, Ihr Sohn ist wahrscheinlich mongoloid. Aber wir müssen erst eine Chromosomenanalyse machen, um es definitiv zu wissen.«

 

Die Schwangerschaft meiner Mutter war normal verlaufen, alle hatten sich sehr auf mich gefreut. Etwa eine Woche vor dem errechneten Geburtstermin setzten bei ihr die Wehen ein, und Vati brachte sie ins Klinikum Buch. Doch als Mutti im Kreißsaal lag, war plötzlich alles ruhig, die Wehen hatten aufgehört. Ich hatte mich wohl entschlossen, noch ein wenig zu warten. Vati fuhr wieder nach Hause. Gemeinsam hatten meine Eltern den Geburtsvorbereitungskurs besucht, aber das Krankenhaus hatte entschieden, dass Vati bei der Entbindung nicht dabei sein durfte. Damals war das nicht überall möglich. Kaum war Vati weg, setzten die Wehen wieder ein. Um0:25 Uhr am16. März1978 war es dann so weit. Ich erblickte das Licht der Welt.

Nach der Geburt durfte mich Mutti nur kurz sehen. Ich wurde sofort auf die Frühchenstation gebracht. Die Ärzte sagten ihr, es sei ein Junge. Und es sei alles dran. Da ich allerdings nicht gleich allein atmen konnt