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Das Erste, was ich spüre, sind die schweren Fesseln.
Die Kälte des Stahls schneidet mir in die Handgelenke.
Die Ketten, die von den Fesseln zur Stahlwand hinter mir führen und mir nicht gerade viel Bewegungsfreiheit lassen, rasseln leise, wann immer ich mich rühre.
Außerdem bin ich so nackt wie in dem Moment, als Sierras Elektroschocker mir die Sicherungen rausgehauen hat.
Die Dunkelheit um mich herum verrät mir nicht, wo ich bin.
Es riecht stark nach Desinfektionsmittel, was meinen Geruchssinn ordentlich irritiert.
Da fällt mir zum ersten Mal auf, dass der Wolf schweigt.
Genau genommen rumort das Biest kein bisschen.
Er scheint weiter fort als sonst.
So weit fort, dass ich ihn nicht erreiche, um ihn die Haltbarkeit der Fesseln und Ketten testen zu lassen.
Ich stutze.
Lausche in mich hinein.
Kein Wolf.
Knurrt nicht mal verschlafen, das blöde Vieh.
Die Abwesenheit der Bestie macht mir weit mehr Sorgen als die Fesseln und die Ketten.
Macht mir sogar eine Scheißangst, ehrlich gesagt.
Seit meiner Zeit unter den Hobos hab ich mich in gewisser Weise zumindest stets drauf verlassen können, dass der Wolf mir den Arsch rettet, wenn es hart auf hart kommt.
Wir mögen einander nicht.
Doch wir haben immer aufeinander aufgepasst.
Bis heute.
Was ist hier los, verflucht?
*
Ich weiß nicht, wie lange ich brütend in der Dunkelheit sitze und vergebens nach dem Wolf suche, von dem ich mir an so vielen Tagen gewünscht habe, dass er nicht da wäre, und den ich nun, da es so weit ist, schmerzlich vermisse.
Plötzlich geht mir gegenüber eine Tür auf.
Ich blinzle gegen das gleißende Kunstlicht, das in meine Zelle dringt und von den Stahlwänden reflektiert wird.
Schließlich gewöhnen sich meine Augen an die Helligkeit, und ich erkenne einen schlanken, kurvenreichen Schattenriss im beleuchteten Rechteck.
»Sierra«, sage ich rau.
»Hallo, Jackson«, sagt sie und tritt in den Raum.
Ihre gesamte Haltung wirkt verändert.
Das hier ist ihr Revier, wird mir klar.
Und ich bin ihr Gefangener.
Die Ketten rasseln leise, als ich meine Position verändere und den Hinterkopf an die kühle Metallwand lehne.
»Fesselspielchen?«, frage ich und ringe mir ein verächtliches Grinsen ab. »Wirklich?«
»Ach, weißt du, das gute Zeug kommt nie aus der Mode«, meint Sierra und knipst mit Hilfe eines Schalters neben der Tür die Neonröhren an der Decke meines Gefängnisses an.
Ich schließe die Augen.
Verziehe das Gesicht.
Warte darauf, dass das Stechen nachlässt.
Anschließend mustere ich als Erstes Sierras neuen Aufzug.
Sie trägt ein schwarzes Top und enge dunkle Jeans.
Die Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.
Sie hat eine Strähne vergessen, die ihr seitlich am Gesicht vorbeifällt.
Könnte natürlich Absicht sein.
Sieht gut aus.
Ansonsten gibt’s trotz der Beleuchtung nicht viel zu sehen.
Auch die übrigen Wände, die Decke und der Boden sind aus Metall.
»Was wird das hier?«, frage ich so cool wie möglich, obwohl sich mir vor Angst die Eier zusammenziehen.
Mal ehrlich.
Was ist sie?
Eine Serienkillerin?
Und wenn, wäre das hier dann Schicksal, oder Ironie?
Sierra antwortet nicht auf meine Frage.
Stattdessen sagt sie:
»Wie geht’s unserem Wölfchen?«
Das sitzt.
Ich schweige perplex.
Sierra lächelt zufrieden.
Sie kommt näher, geht vor mir in die Hocke und streichelt mir zärtlich über die stoppelige Wange.
Ich starre sie sprachlos an.
Sie weiß über den Wolf Bescheid.
Mehr noch.
Sie hat keine Angst vor mir.
Was nur eines bedeuten kann.
Sie weiß, dass er mi