Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen von Preußen
Der gnädige Beifall, welchenEW. KÖNIGL. HOHEIT mir über meine Reisen eines Deutschen in England zu bezeigen geruhten, hat mir den Muth eingeflößt, auch diese Reisen eines Deutschen in ItalienHÖCHSTDENENSELBEN unterthänigst und ehrerbietigst zu widmen. Ich ersterbe in tiefster Ehrfurcht
EW. KÖNIGL. HOHEIT
Berlin,
den 18. Januar 1792.
unterthänigster
Moritz.
Vorbericht.
Ich muß den Leser bitten, dieß erste Bändchen meiner Reisen eines Deutschen in Italien nur als eine Vorbereitung zu den folgenden zu betrachten, worin ich mich über Sitten, Gebräuche, Litteratur und Kunst, in Italien überhaupt, und vorzüglich in Rom, ausführlicher verbreiten werde.
Romam quaero!
Verona, den 2. Oktober 1786.
DasDORT, ist nunHIER geworden, mein Lieber! Die zackigten Tyroleralpen, durch welche wir uns in manchen Krümmungen gewunden haben, sind hinter uns, und ich betrete nun den Boden des Landes, wohin ich mich so oft sehnte, das mir mit seinen Monumenten der Vergangenheit zwischen immer grünen Gefilden so oft in reizenden Bildern vorschwebte, und den Wunsch des Pilgrims in mir weckte, die heiligen Plätze zu besuchen, wo die Menschheit einst in der höchsten Anstrengung ihrer Kräfte sich entwickelte, wo jede Anlage in Blüthen und Frucht emporschoß, und wo beinahe ein jeder Fleck durch irgend eine große Begebenheit, oder durch eine schöne und rühmliche That, welche die Geschichte uns aufbewahrt, bezeichnet ist.
Aber dorthin eil’ ich, wo auf den sieben Hügeln, das Größte und Glänzendste, was einst der Erdkreis sahe, sich gründete und bildete, und wo noch itzt die Kunst bei den erhabenen Ueberresten der Vorzeit ihren festen Wohnsitz findet; von jenem höhern Standpunkt aus, will ich meine Blicke auf diesen großen Schauplatz heften, und von dort aus meine Wanderungen anheben.
Deswegen erwarten Sie, mein theuerster Freund, ja nicht eher irgend etwas Ganzes oder Ausführliches, als aus Rom, von mir. Denn bis dahin reise ich nicht eigentlich, sondernEILE dem Ziel der Wallfahrt zu, das mein Verlangen stillen, und meine Wünsche befriedigen soll, und welches ich eine Zeitlang wie meine Heimath betrachten will.
Jetzt ist meine Ankunft in diesem schönen Lande noch wie im Traume. – Als wir gestern Nacht nur wenige Meilen von Verona waren, brach uns ein Rad am Wagen. – In der Nähe war kein Dorf, und es dauerte einige Stunden, bis unser Fuhrwerk wieder im Stande war.
Ich setzte mich auf einen Stein am Wege, – es wehte eine angenehme Luft, und nach und nach wurden die Gegenstände sichtbar. – Dicht vor mir lag ein Feld mit Bäumen bepflanzt, an welchen Reben hingen. –
Nun kam schon ein Winzer mit der Leiter in der Hand, und setzte sie an einen Baum, um sein frühes Tagwerk anzufangen. – Weinbeladne Wagen, von bekränzten Ochsen gezogen, fuhren vorbei, und jauchzende Knaben saßen reitend auf den Fässern.
Die umschattende Dämmerung, welche noch rund umher verstreut war, brachte dies alles so nahe, wie reizende Bilder eines Traumes, vor die Seele; und die laue Luft ließ es einen ganz vergessen, daß man sich in der Nacht auf dem Felde unter freiem Himmel befand.
Dieß war also nun wirklich das milde italiänische Klima, welches sich in unsrer Vorstellung immer an das Bild von diesem reizenden Lande knüpft. – Am östlichen Himmel zeigten sich die ersten Streifen der Morgenröthe, worauf der eine von den Leuten, die aus dem nächsten italiänischen Dorfe zur Hülfe herbeigeholt war, aufmerksam machte.
So wie es heller wurde, ragten in der Ferne die Spitzen der hohen Zypressen und weinbekränzten Hügel empor, und rund umher entfalteten sich die mannichfachen Schönheiten der Natur. –