: Malte Schophaus, Annette Wallentin
: Pate stehen Eine besondere Beziehung gestalten
: Kreuz
: 9783451801587
: 1
: CHF 2.70
:
: Christliche Religionen
: German
: 160
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Patenonkel, die Patentante, spielt oft eine ganz besondere Rolle im Leben des Kindes. Als Mensch, der das Kind von Anfang an begleitet, aber dennoch eine andere Perspektive einnimmt als die Eltern und Großelter, kann er oder sie eine wertvolle und wichtige Bezugsperson sein. Nicht nur Christen stellen ihrem Kind deswegen gern einen oder mehrere Paten an die Seite, auch weltliche Patenschaften werden immer häufiger. Doch wie kann es gelingen, diese besondere Beziehung von Anfang an bewusst zu gestalten? Welche Rituale, welche Formen können Stabilität geben? Nicht nur neue Paten, sondern auch langjährige Patentanten und Patenonkel sowie Eltern, die vor der Entscheidung für ein Patenamt stehen, erhalten in diesem Buch wertvolle Anregungen.

Annette Wallentin ist Diplompolitologin mit Forschungsschwerpunkt 'Soziale Netze'. Sie ist zusätzlich ausgebildete Sozialmanagerin und arbeitet seit vielen Jahren in der Jugend- und Erwachsenenbildung.

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Die Geschichte der Patenschaft


Patenschaft verändert sich: Ein historischer Überblick


Die Geschichte der Taufpaten hängt eng zusammen mit der Geschichte der christlichen Taufe. Zu Beginn der Tauftradition in der Kirche wurden vorrangig Erwachsene getauft. Etwa ab dem zweiten Jahrhundert nach Christus werden in kirchengeschichtlichen Aufzeichnungen auch Taufpaten genannt. Wer sich damals taufen lassen wollte, meldete sich im ersten Schritt zur Taufe an. Der Taufpate bezeugte bei der Anmeldung die ernste Absicht des Täuflings, Mitglied der christlichen Glaubensgemeinde zu werden. Meist war es sogar eben dieser Taufpate, durch den der Taufanwärter zum christlichen Glauben gefunden hatte. Im zweiten Schritt durchlief der Täufling dann noch vor der Taufe das sogenannte Katechumenat, eine Art Religionsunterricht zur Vorbereitung auf das Leben als Christ. Auch dabei unterstützte der Taufpate den Täufling, indem er ihn mit seiner eigenen christlichen Gemeinde vertraut machte und ihn noch näher an den Glauben heranführte. Während der eigentlichen Taufe war der Taufpate schließlich als Zeuge anwesend.

Ab dem Jahr 200 n. Chr. erwähnte der frühe Kirchenhistoriker Tertullian Taufpaten bei der Taufe von Kindern. Auch hier war der Taufpate Zeuge der Taufe. Während des Taufaktes beantwortete er die Tauffragen (die zuvor den erwachsenen Täuflingen gestellt wurden) anstelle des Kindes. Wiederum kam dem Paten die wichtige Funktion zu, den Täufling in seiner christlichen Entwicklung zu fördern. Allerdings geschah die Heranführung an den Glauben nun nicht mehr vor der Taufe, wie dies bei der Erwachsenentaufe der Fall war (und heute noch ist). Mit der Kindstaufe wird die religiöse Erziehung durch den Taufpaten zu einer Aufgabe, die Paten und Patenkind viele Jahre lang verbindet.

Das Patenamt erfuhr ab dem sechsten Jahrhundert eine weitere Aufwertung: Taufpaten wurden in eigenen Patenexamina auf ihre Eignung als Taufpaten hin geprüft. Sie galten als enge »geistliche Verwandte« des Patenkindes.

Die Reformation des 16. Jahrhunderts brach mit nicht wenigen Einrichtungen und Bräuchen der katholischen Kirche. Das Patenamt wurde aber von den Gründern der protestantischen Kirche ohne Änderungen übernommen. Bis heute ist das Patenamt eine Einrichtung, die von Katholiken und Protestanten gleichermaßen praktiziert wird.

Im 18. und 19. Jahrhundert gewann das christliche Amt der Taufpaten zum ersten Mal weltliche Züge: Neben seiner religiösen Bedeutung wählten nun vor allem das Bürgertum und der Adel die Taufpaten seiner Kinder immer häufiger auch nach strategischen Gesichtspunkten aus. Der ideale Taufpate war jetzt nicht mehr nur gottesfürchtig und von untadeligem Lebenswandel, sondern auch möglichst wohlhabend und bedeutend. Über die Verleihung von Taufpatenämtern wurden so gesellschaftliche Netzwerke geknüpft, die dem Patenkind (in Form von Geschenken, Verbindungen und einem eventuellen Erbe), aber auch seinen Eltern von Nutzen sein sollten. Während bislang meist nahe Verwandte zu Taufpaten berufen wurden, waren nun vermehrt auch