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Wahl zur Miss Blackpool © Homer Sykes/Getty Images
Sie wollte keine Schönheitskönigin sein, aber wie das Leben so spielt, war sie gerade dabei, eine zu werden.
Es gab noch ein paar freie Minuten zwischen der Parade und der Verkündigung, in denen sich Freunde und Familien um die Mädchen versammelten und ihnen gratulierten und die Daumen drückten. Die Grüppchen, die sich dadurch bildeten, erinnerten Barbara anCatherine-Wheel-Lakritzschnecken: die Mädchen in zuckersüßen rosa oder blauen Badeanzügen wie die Süßigkeit in der Mitte, ein Wirbel dunkelbrauner und schwarzer Regenmäntel wie das Lakritz drum herum. Es war ein kalter, regnerischer Tag im Juli in den South Shore Baths, und die Teilnehmerinnen hatten Gänsehaut an Armen und Beinen. Sie sahen aus wie Truthähne im Schaufenster einer Metzgerei. Nur in Blackpool, dachte Barbara, konnte man einen Schönheitswettbewerb gewinnen, wenn man so aussah.
Barbara hatte keine Freundinnen eingeladen, und ihr Vater hatte offenbar nicht die Absicht, sich zu ihr zu gesellen, also wartete sie allein. Er saß auf einem Liegestuhl und tat, als würde er denDaily Express lesen. Zusammen hätten sie ein schäbiges, angebissenesCatherine Wheel abgegeben, aber sie hätte sich doch über seine Gesellschaft gefreut. Am Ende ging sie zu ihm. Ohne die anderen Mädchen in ihrer Nähe fühlte sie sich ziemlich nackt und unbehaglich und keineswegs glamourös und selbstbewusst, und sie musste an jeder Menge Zuschauer vorbei, die ihr hinterherpfiffen. Als sie ihren Vater am flachen Ende des Pools erreichte, war sie schon wütender, als sie eigentlich wollte.
»Was machst du denn hier, Dad«, zischte sie.
Die Leute um ihn herum – gelangweilte, vorwiegend ältere Feriengäste – wurden plötzlich ganz aufgeregt. Eins der Mädchen! Schimpft mit seinem Vater!
»Oh, hallo, Liebes.«
»Warum kommst du denn nicht zu mir?«
Er starrte sie an, als hätte sie ihn nach dem Namen des Bürgermeisters von Timbuktu gefragt.
»Hast du nicht gesehen, was alle anderen machen?«
»Doch, schon. Aber das kam mir nicht richtig vor. Nicht für mich.«
»Was ist denn an dir so anders?«
»Ein einzelner Mann, der zwischen lauter leicht bekleideten hübschen Mädchen Amok läuft. Die sperren mich doch ein.«
George Parker war siebenundvierzig Jahre alt, dick und unerlaubt früh gealtert. Er war seit zehn Jahren allein, seit Barbaras Mutter ihn wegen ihres Vorgesetzten beim Finanzamt verlassen hatte, und sie sah ein, dass ihm das noch einmal sehr deutlich klar geworden wäre, wenn er sich zwischen die Mädchen begeben hätte.
»Du hättest ja nicht gleich Amok laufen müssen«, sagte Barbara. »Du hättest einfach neben deiner Tochter stehen und dich mit ihr unterhalten können.«
»Du gewinnst, oder?«, fragte er.
Sie versuchte, nicht zu erröten, und scheiterte. Die Urlauber in Hörweite hörten auf, so zu tun, als würden sie stricken oder Zeitung lesen. Sie starrten sie unverhohlen an.
»Ach, ich weiß nicht. Ich glaube nicht«, sagte sie. In Wahrheit wusste sie es durchaus. Der Bürgermeister war zu ihr gekommen, hatte ihr »gut gemacht« ins Ohr geflüstert und ihr diskret den Po getätschelt.
»Quatsch. Du bist um Längen hübscher als die anderen. Lichtjahre.«
Aus irgendeinem Grund schien ihre Schönheit ihn zu ärgern, obwohl das hier ein Schönheitswettbewerb war. Er mochte es nicht, wenn sie eine Schau abzog, selbst wenn sie ihre Freunde und Familie damit zum Lachen brachte, dass sie sich selbst als beschränkt oder tollpatschig oder unbeholfen darstellte. Es war ja trotzdem eine Schau. Aber heute war alles Schau, es ging nur um die Schau, deshalb hatte sie gedacht, er würde es ihr verzeihen. Aber das Glück hatte sie nicht. Wenn du schon an einem Schönheitswet