: Ulrike Wiebrecht
: Redaktion Merian / Holiday
: Rio de Janeiro. Eine Stadt in Biographien MERIAN porträts
: Merian / Holiday, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
: 9783834217431
: 1
: CHF 7.60
:
: Südamerika
: German
: 176
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Rio de Janeiro. Eine Stadt in Biographien - Eine Stadt wird nicht nur von Gebäuden und Straßenzügen geprägt, die Identität von Rio entsteht erst mit den Geschichten seiner Bewohner. Denn was wäre die Stadt ohne Pedro II., Paulo Coelho oder Carmen Miranda? 20 ausgewählte Biographien zeichnen ein lebendiges, historisches wie auch aktuelles Bild der Stadt. Die Porträts werden durch Adressen ergänzt, die eine Stadterkundung auf den Spuren der porträtierten Personen ermöglichen. Dieser Band umfasst Porträts von: Pedro II., Joaquim Maria Machado de Assis, Chiquinha Gonzaga, Stefan Zweig, Heitor Villa-Lobos, Pixinguinha, Roberto Marinho, Oscar Niemeyer, Carmen Miranda, Roberto Burle Marx, Horst Stern, Ivo Pitanguy, Antônio Carlos Jobim, Fernanda Montenegro, João Gilberto, Hélio Oiticica, Chico Buarque de Holanda, Paulo Coelho, Eike Batista, Ronaldo. Autorin Ulrike Wiebrecht

PEDRO II.


18251891

Man nannte ihn auch»Peter der Große«. Fast50 Jahre war er der geliebte Kaiser von Brasilien. Er schaffte die Sklaverei ab, führte Eisenbahn und Elektrizität ein. Rio verdankt ihm seinen ersten Aufschwung.

Kleine Grotten, eine Allee von Sapucaiabäumen, Teiche,über die sich Schlingpflanzen neigen – dieQuinta da Boa Vista30(?D2) ist ein besonders verträumtes Stück Rio. Mitten in der Millionenmetropole lädt die von dem französischen LandschaftsarchitektenAuguste Glaziou gestaltete Parkanlage zu Mußestunden im Grünen ein. Auch der Zoo und das Naturkundemuseum, dasMuseu Nacional, haben in dem riesigen Areal Platz, das ursprünglich von den Jesuiten zur landwirtschaftlichen Nutzung angelegt wurde.

Wer würde vermuten, dass sich ausgerechnet dort, wo im16. und17. Jahrhundert Obst und Gemüse angebaut wurden, wichtige Kapitel der brasilianischen Geschichte abspielten? Dass Dom Pedro II. im Palast des Parks, imPalácio da Quinta da Boa Vista, das Licht der Welt erblickte, als15-Jähriger Kaiser wurde und hier residierte? Wie konnte esüberhaupt dazu kommen, dass ein portugiesisches Kind aus dem Haus der Bragança Herrscher von Brasilien wurde? Dem geht eine turbulente Geschichte voraus. Sie beginnt damit, dass Pedros Großvater DomJoãoVI., Prinzregent von Portugal,1807 vor napoleonischen Truppen flieht. Mit seinem etwa22 000 Menschen umfassenden Hofstaat siedelt er in das50 000 Einwohner zählende Rioüber, das dadurch den Rang einer Residenz erlangt. Kunst und Kultur mit einem regen Musikleben halten Einzug. Diese Konstellation wird das Land nachhaltig verändern.

Als Joãos geistig umnachtete Mutter, KöniginMaria I.,1816 in Portugal stirbt, wird er König von Portugal und Brasilien, kehrt aber1821 auf Drängen der portugiesischen Cortes ins Mutterland zurück undüberlässt Brasilien seinem Sohn Pedro. Als auch der nach dem Willen des Parlaments, das Brasilien in den Status einer Kolonie zurückführen will, nach Portugal kommen soll, erklärt er kurzerhand am7. September1822 die Unabhängigkeit des Landes und krönt sich zum KaiserPedro I. von Brasilien.1826 stirbt sein Vater, sodass er nun auch König von Portugal ist. Der impulsive Monarch vermag jedoch nicht beide Länder gleichzeitig zu regieren. Weil er die Erwartungen der Brasilianer nicht erfüllen kann und zunehmend mit innenpolitischen Problemen zu kämpfen hat, dankt er am7. April1831 ab, um in Portugal die Zügel in die Hand zu nehmen – und Brasilien seinem kleinen Sohn Pedro zuüberlassen. Da ist der gerade mal fünf Jahre alt.

Pedro de Alcântara João Carlos Leopoldo Salvador Bibiano Francisco Xavier de Paula Leocádio Miguel Gabriel Rafael Gonzaga von Bragança und Habsburg war am2. Dezember1825 zur Welt gekommen. Seine Mutter,Maria Leopoldine vonÖsterreich, eine Tochter von KaiserFranz II., stirbt früh, möglicherweise an den Folgen einer Frühgeburt, die ihr gewalttätiger EhemannPedro I. mit einem Tritt in ihren Bauch ausgelöst hat. Kaum hat sich ihr kleiner Sohn an seine StiefmutterAmélie von Leuchtenberg gewöhnt, wird er allein mit seinen Geschwistern in Brasilien zurückgelassen. Nachdem auch Pedrosältere Schwester gestorben ist, ist er rechtmäßiger Thronfolger.

Natürlich ist ein Fünfjähriger der Aufgabe als Regent nicht gewachsen. Während ein Gremium die Regierungsgeschäfteübernimmt, wird das Kind auf die Zukunft vorbereitet. Vom Aufstehen um6.30 Uhr bis zum Schlafengehen um22 Uhr muss er Sprachen lernen – Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Latein und Griechisch – und sich mit Naturwissenschaften und Künsten befassen. Der Junge soll nicht wie sein hitzköpfiger Vater werden. Der kleine Pedro, der wenig Freunde und kaum Gelegenheit zum Spielen hat, flüchtet sich früh in die Welt der Bücher, entwickelt vielseitige Interessen; mit seinem ernsten Naturell werden ihm Pflichtbewusstsein und Disziplin zur zweiten Natur. Gute Voraussetzungen für einen besonnenen Monarchen.

EIN15-JÄHRIGER WIRD KAISER

So sehen sich diejenigen, die ihn im Alter von14 Jahren fü