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Als Agnese an einem Septemberabend einen Berg nasser Wäsche auf der Schubkarre vom Waschplatz im Dorf nach Hause schob, begegnete ihr auf dem schmalen Feldweg ein Soldat. Er war jung, klein und zerlumpt. Seine Schuhe waren zerschlissen, vorne schauten die schlammverschmierten Zehen heraus. Während Agnese ihn ansah, merkte sie, wie müde sie war. Sie blieb stehen und ließ die Holme los. Die Karre war sehr schwer.
Die Augen des Soldaten aber waren hell und fröhlich. Er salutierte und sagte zu Agnese:»Der Krieg ist aus. Ich gehe nach Hause. Ich bin schon viele Tage zu Fuß unterwegs.«
Agnese knotete ihr Tuch unter dem Kinn auf, schlug die Endenüber den Kopf und fächelte sich mit der Hand Luft zu.»Es ist noch sehr heiß.« Und als fiele es ihr jetzt erst wieder ein, fügte sie hinzu:»Der Krieg ist aus. Ich weiß. Neulich Abend haben sich alle betrunken, als das Radio die Nachricht brachte.«
Sie musterte das Gesicht des Soldaten, und plötzlich huschte ein unbeholfenes Lächelnüber ihr wettergegerbtes Gesicht.»Ich glaube, das Schlimmste kommt erst noch«, sagte sie mit der gefassten Ungläubigkeit der Armen.
Aber der Soldat rieb sich die Hände– er war ein sehr fröhlicher Mann. Agnese beugte ihren steifen, dicken Rücken und nahm die Schubkarre wieder auf.
»Bitte…«, sagte da der Soldat und stellte sich selbst zwischen die Holme. Er riss die Karre hoch, der Wäscheberg schwankte, aber der Soldat rief:»Hopp!«, und brachte alles wieder ins Gleichgewicht. Schnell und mühelos marschierte er los und schob das Rad in der tiefen Spurrille vorwärts.
Als sie durch die Lücke in der Hecke traten, sah Agnese auf dem Hof die zwei Töchter von Minghina. Sie fütterten die Hühner, aber sobald sie den Soldaten erblickten, hielten sie inne und tuschelten miteinander.
Das Haus war alt und hätte längst repariert werden müssen, aber keiner tat etwas, weil die beiden Familien, die darin wohnten, sich nicht einigen konnten.»Weibergeschwätz«, sagte Palita, Agneses Mann, dann und rauchte einträchtig mit Augusto, Minghinas Mann, eine Pfeife. Doch wenn die Frauen stritten und sich mit schrillen Stimmen anschrien, sahen sich auch Augusto und Palita böse an und beschimpften einander.
Agnese führte den Soldaten in die Küche. Palita saß am Fenster, die schwarze Katze hockte wie gewöhnlich auf der Anrichte und schnurrte. Beide schauten zu den Eintretenden, dann schloss die Katze die grünen Schlitze im glänzenden Fell und verharrte stumm und unbeweglich wie ein Stein.
»Schwarze Katzen bringen Glück«, sagte der Soldat.
Sie setzten sich zum Abendessen, als es noch hell war.»Iss, Soldat, greif zu«, sagte Palita. Er freute sich, einen von außerhalb zu sehen, der ihm Neuigkeiten berichten konnte. Tatsächlich aber ließ er sich gar nichts berichten, denn er redete die ganze Zeit selbst, so wie es Menschen tun, die viel allein sind. Palita verbrachte seine Tage damit, dass er im Torbogen oder im Haus am Fenster saß, Besen band, Körbe flocht und Weinflaschen mit Stroh umwickelte. Das waren die einzigen Arbeiten, die er tun konnte, denn als Junge war er schwer krank gewesen. In seiner Jugend war er jeden Tag mit dem Rad dreißig Kilometer in die Stadt zur Schule gefahren, damals hätte er sich ein solches Leben bestimmt nicht erträumt. Die Krankheit hatte ihn gezwungen, die Schule aufzugeben. Später hatte er in ein Sanatorium gemusst.
»Dort bin ich gesund geworden, behaupteten dieÄrzte. Soweit man eben gesund werden kann, wenn man diese Krankheit hat. Mein Vater war Bauer