W. Löscher
Auf einige Inhalte der allgemeinen Pharmakologie (Pharmakodynamik/Pharmakokinetik) wurde bereits hingewiesen. Auf eine nähere Betrachtung dieses für das Verständnis der Pharmakologie so wichtigen Gebiets soll mit Ausnahme einiger Hinweise zur Pharmakokinetik hier verzichtet werden (s. Lehrbuchhinweise Kap.? 5). Wo dies aus Verständnisgründen dennoch geboten erschien, finden sich im speziellen Teil dieses Buches kurzgefasste Angaben zu allgemein-pharmakologischen Grundlagen in der Einleitung zu den jeweiligen Wirkstoffgruppen oder direkt in den Kurzmonografien.
AlsPharmakokinetik wird das Teilgebiet der allgemeinen Pharmakologie bezeichnet, das sich mit der zeitlichenÄnderung der Konzentration eines Pharmakons im Organismus befasst. PharmakokinetischeÜberlegungen und Berechnungen haben zum Ziel, Vorhersagenüber den zeitlichen Verlauf der Wirkung eines Pharmakons zu ermöglichen; bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, werden sie außerdem zur Ermittlung vonWartezeiten herangezogen. Für pharmakokinetische Berechnungen werden im Allgemeinen die leicht zugänglichen Konzentrationen des Pharmakons in Blut bzw. Plasma verwendet. Die Plasmakonzentration eines Arzneimittels wird durch eine Reihe von Faktoren bestimmt, die in? Abb. 2.1 schematisch dargestellt sind. Wird das Pharmakon nicht intravenös appliziert, muss es zunächst vom Applikationsort (z.B. Muskulatur oder Unterhautgewebe) bzw. Resorptionsort (z.B. Magen-Darm-Trakt) in die Blutbahnresorbiert werden. DieBioverfügbarkeit, d.h. das Ausmaß der Resorption nach extravasaler Verabreichung (Anteil des Wirkstoffs, der vom Applikationsort ins Blut gelangt), wird dabei nicht nur von den chemisch-physikalischen Eigenschaften des Wirkstoffs (Lipophilie, pKa-Wert, Molekülgröße) und von den Verhältnissen am Applikationsort (z.B. pH-Wert, Durchblutungsgrad) bestimmt, sondern auch von den pharmazeutischen Formulierungen, die Einfluss auf die Freisetzung des Wirkstoffs nehmen (z.B. Auflösung einer Tablettenform). Im Blut bindet sich das Pharmakon in unterschiedlichem Ausmaß an Plasmaproteine. DiePlasmaproteinbindung ist reversibel und es bildet sich rasch ein Gleichgewicht zwischen gebundenem und ungebundenem Anteil des Pharmakons aus. Nur der nicht an Plasmaproteine gebundene Anteil des Pharmakons kann den Intravasalraum verlassen, sich im Organismus verteilen und damit zum Wirkungsort gelangen. Ferner kann nur das nicht proteingebundene Pharmakon durch Biotransformation in der Leber bzw. durch glomeruläre Filtration in der Niere eliminiert werden. Die Plasmaproteinbindung stellt also eine wichtige Größe für Ausmaß und Dauer der pharmakodynamischen Wirkung eines Pharmakons dar. Neben der Bindung an Plasmaproteine wird dieVerteilung eines Arzneimittels maßgeblich durch seineLipidlöslichkeit und denIonisationsgrad bei physiologischem pH (u.U. bei Krankheit verändert) bestimmt. Nur der nicht ionisierte, lipidlösliche Anteil des Arzneimittels kann biologische Membranen durchDiffusion penetrieren, den für die Verteilung von Pharmaka wichtigsten Prozess. Ferner spielt dieMolekülgröße des Arzneimittels für die Verteilung eine Rolle. Makromoleküle (z.B. Plasmaexpander) werden praktisch nicht im Organismus verteilt, sondern bleiben in erster Linie nach intravenöser Applikation intravasal; allerdings weisen einige Zellmembranen, z.B. die Membranen zwischen Blut und Leberzellen, einen hohen Anteil an Poren auf, durch die auch Makromoleküle penetrieren können. Einige Gewebe werden durch besonderebiologische Schranken geschützt, so z.B. das Gehirn (Blut-Hirn-Schranke), das Euter (Euterschranke oderBlut-Milch-Schranke) und beim trächtigen Tier die Feten (Plazentarschranke). F&uum