1.
Der Abend senkte sichüber den Hafen von Nuevitas. Die Sonne war hinter den Bergspitzen der spanischen Siedlung verschwunden, und die Menschen atmeten auf. Denn trotz der Nähe der offenen See war es in Nuevitas heiß, die Glut der Sonne fing sich in den Felsen, den Seewind schirmte die große vorgelagerte Insel ab, die aber auch zugleich eine natürliche Schutzbarriere für die Bucht bildete. Denn das war der Vorteil der Bucht von Nuevitas: der gutgeschützte Hafen bot Zuflucht vor jedem noch so schweren Sturm, die dort ankernden Schiffe befanden sich in Sicherheit. Außerdem ließ sich die etwa zehn Meilen lange Einfahrt, die an ihrer breitesten Stelle etwa eine Meile maß, leicht kontrollieren. Ungebetene Eindringlinge hatten keine Chance, ungeschoren an den Befestigungen vorbeizusegeln.
Im Palast des Alkalden gingen die Lichter an. Don Fuega betrat den Speisesalon mit schnellen Schritten. Unter der breiten Tür blieb er stehen und blickte die Gäste, die sich zum Festmahl versammelt hatten, aus seinen kohlschwarzen Augen an. Gleichzeitig fuhren die Finger seiner Rechten durch den ebenfalls pechschwarzen Kinnbart.
Er deutete eine leichte Verneigung an, und ein Lächeln huschteüber seine Züge.
„Ich freue mich, daß sie meiner Einladung gefolgt sind, Senores, Senoritas. Wie Sie wissen, ist es in Nuevitas Brauch, am Vorabend des Gerichtstages ein Festessen zu geben. Ich werde diese gute Sitte meines Vorgängers beibehalten. Außerdem befürchte ich, daß wir es alle nötig haben, uns für den morgigen Tag zu stärken. Denn sicherlich wird der morgige Tag für etliche Bösewichter der letzte sein!“ Wieder deutete er eine leichte Verneigung an, aber das Lächeln, das jetzt auf seinen Zügen lag, war grausam.
Einige der Gäste, die Don Fuega bei seiner kurzen Ansprache angesehen hatten, spürten, wie ihnen eiskalte Schauerüber den Rücken krochen. Sie kannten den Alkalden, sie wußten, wie grausam dieser Mann Gericht hielt. Don Fuega ergötzte sich an den Qualen seiner Opfer. Niemand wurde jemals verurteilt, ohne vorher gefoltert zu werden.Öffentlich, unten am Hafen. Dort, wo sich auch die Richtstätte auf einem roh gezimmerten Podest aus schweren Bohlen befand.
Der Alkalde setzte sich und zog mit einer raschen Bewegung den Stuhl näher an den Tisch heran. Gleichzeitig beugte er sich zu einem Mädchen, das zu seiner Rechten saß. Die Züge des Mädchens wirkten verkrampft, obwohl sie sich Mühe gab, das zu verbergen, besonders vor Don Fuega.
„Ich freue mich ganz besonders, daß Sie nun doch meiner Einladung gefolgt sind, Maria. Ich ersehe daraus, daß Sie sich meinen