Drei Männer, drei Entscheidungen
Wie alles anfing? Natürlich mit einem Mann. Genau genommen waren es sogar drei Männer, die meine Entscheidung, mich vegan zu ernähren, beeinflussten. Attila Hildmann, Jonathan Safran Foer und ein Mann, dessen Namen ich hier besser nicht erwähne. (Sie werden dann schon sehen, warum.)
Alle drei haben ihren Teil dazu beigetragen: Durch den Mann, dessen Namen ich nicht erwähnen will, wurde ich von einer Fleischesserin zur Vegetarierin, Foer verdarb mir den Appetit auf Fisch, Hummer, Langusten, Muscheln und Austern, und Attila half mir, auf Milch, Käse, Eier und Honig zu verzichten. Da Attila der wichtigste der drei Männer war, fange ich mit ihm an.
Als ich ihn traf, belegte er mit seinen Kochbüchern »Vegan for Fit« und »Vegan for Fun« die Toppositionen der Amazon-Bestsellerliste. Mal Platz1, mal Platz3, mal Platz5 – aber nie im zweistelligen Bereich und immer vor »Shades of Grey«. Das will etwas heißen, die drei Teile von »Shades of Grey« haben sich weltweit über100 Millionen Mal verkauft.
Ich arbeitete zu dieser Zeit bei einem ziemlich jungen und hippen Lifestyle-Magazin in Hamburg, obwohl ich selbst gar nicht mehr so jung und auch nicht besonders hip bin, und war ständig auf der Suche nach neuen Trends und Themen. Attilas Erfolg war für mich, na ja, ein gefundenes Fressen. Ich schlug ihn in der Redaktionskonferenz vor, aber die Kollegen hatten ihre Zweifel: Ist das nicht ziemlich spaßfrei, so vegan zu leben?
Veganer – das sind doch diese Spielverderber, die so berauscht sind von ihrer eigenen Rechtschaffenheit, dass sie uns die schicken Isabel-Marant-Schuhe ausreden wollen. Das sind doch die, die einem jeden Bissen in den Mund zählen und dann gleich anfangen, von den armen Schweinen zu reden und den armen Hühnern. Und wenn es nicht um ein armes Tier geht, dann reden sie über den Methanausstoß bei Kühen, womit sie eigentlich nur sagen wollen, dass Kühe verdammt viel rülpsen und furzen, was den Treibhauseffekt befördert, und es dann auf der Erde viel zu warm wird und wir alle sterben müssen. Da es viele Kühe gibt, da viele Kühe gegessen werden. Ich gebe zu, meine Kollegen sind etwas extrem.
Aber dann zeigte ich ihnen ein Foto von Attila, und alle sagten: »Ooooh, der ist aber süß! Zum Anbeißen!«
In einer jungen und hippen Lifestyle-Redaktion, die täglich Fotos von Ryan Gosling, Bradley Cooper und Prinz Harry in höchst erfreulichen Posen (am Strand, bei einer Party, oben ohne) zu sehen bekommt, bedeutet das schon was. Man sah förmlich, wie alle dachten: Gibt es eigentlich auch Oben-ohne-Fotos von Attila? Aber keiner sprach es aus.
Kurzum: Meine Chefin sagte »Go!«.
Zwei Minuten später hatte ich Attilas Agentin am Telefon, zwei Stunden später hatte ich mein Interview. Doch damit war ich beim nächsten Problem: Ich trug ein Leder-Top und Wildlederstiefel, die über die Knie reichten. Im Lederlook einen Veganer interviewen? Geht gar nicht! Mist, dachte ich. Was tun? Ich hatte keine Zeit mehr, mich umzuziehen, und die Damen aus dem Moderessort konnten mir auch nicht aushelfen. Größe32, Einheitsgröße aller Models, hatte ich zuletzt mit zwölf.
Um meinen Fauxpas zu vertuschen, schlug ich Attila als Treffpunkt das »Fairy Food« vor, einen veganen Imbiss in der Hamburger Innenstadt, der gerade neu eröffnet hatte (und inzwischen leider schon wieder dichtg