2
Ich sitze allein in dem kleinen Speiseraum im Trainingszentrum. Chinesisches Essen. Aber kein Glückskeks. Darf ich Sie einladen, hat er damals in der Kantine der Universität gefragt.
Wozu wollen Sie mich hier schon einladen, hätte ich am liebsten gesagt. Hier gibt es nur abgepacktes Essen und Getränke in Plastikflaschen. Ich kannte ihn nicht, auch nicht vom Sehen.
Nicht hier, sagte er, als ob er mich gehört hätte. Am Abend, in ein Restaurant.
Ich zuckte mit den Schultern.
Ich hätte nämlich ein Angebot für Sie. Ein wirklich einmaliges, ungewöhnliches Angebot, sagte er.
Ich brauche aber nichts, sagte ich.
Er sagte, sie würden mich schon länger beobachten. Sie hätten mich ausgewählt. Ich hätte Fähigkeiten, die sie brauchen würden. Und ich wäre allein. Sie würden mir die Chance geben, an etwas Einzigartigem teilzuhaben. Ich sollte ein Schläfer werden. Einer von Hunderten weltweit.
Was ist ein Schläfer, fragte ich und dachte sofort an 9/11 und an Spionage.
Ein Schläfer wird von uns vorbereitet und wartet auf den Tag, an dem er zum Einsatz kommt.
Und wann wird das sein?
Vielleicht in drei Jahren, vielleicht nie, sagte er. Vielleicht kommt erst die nächste Generation zum Einsatz.
Und was ist das nun für ein spannender Einsatz, fragte ich.
Ein Jahrhundertprojekt, sagte er. Ach, was sage ich, ein Jahrtausendprojekt!
Und was, fragte ich noch einmal.
Die Besiedelung des Mars.
Ich musste laut auflachen. Ich konnte mich vor Lachen nicht mehr halten. Ich verschluckte mich, hustete und bekam einen hochroten Kopf.
Beruhigen Sie sich, sagte er. Das ist kein Witz.
Sie wissen, wir bereiten schon seit Jahren die Besiedelung des Mars vor. Sie haben sicher in den Zeitungen davon gelesen. Von den ersten Mars-Sondenüber die Mars-Rover bis hin zu den Mars-Robotern und schließlich die ersten Habitate, die wir hinuntergelassen haben.
Da ist doch alles schiefgegangen, sagte ich.
Wir hatten ein paar Startschwierigkeiten.
Startschwierigkeiten ist gut, sagte ich.
Es gibt Wasser auf dem Mars. Das war die Initialzündung für unser Projekt. Ohne Wasser wäre kein Leben auf dem Roten Planeten möglich.
Das ist sehr interessant, sagte ich mitübertrieben gespielter Langeweile.
Sie werden zu den ersten Siedlern auf dem Roten Planeten gehören, sagte er stolz.
Sie sagen das so bestimmt, sagte ich etwas irritiert.
Weil Sie keine Wahl haben, sagte er.
Und ob ich die habe, sagte ich. Ich stand auf und ging grußlos. Ich wusste damals schon, dass er recht hatte.