: Schuster Frank
: Das Haus hinter dem Spiegel Roman
: mainbook Verlag
: 9783944124476
: 1
: CHF 4.50
:
: Fantastische Literatur
: German
: 180
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eliza ist zurzeit ziemlich verdreht. Sie verwechselt links und rechts und schreibt plötzlich nur noch in Spiegelschrift - selbst ihre Klassenarbeiten. Ihre Schwester Lorina macht sich Sorgen und schiebt alles auf ein seltsames altes Buch, das Eliza aus der Schulbibliothek geliehen und gelesen hat. Gemeinsam versuchen sie, Elizas Verwandlung auf die Spur zu kommen ... Das Haus hinter dem Spiegel ist ein fantastischer Roman für Jung und Alt. Gespickt mit literarischen Anspielungen auf Lewis Carrolls Alice-Bücher erzählt er auf detektivische Weise die Geschichte einer Zehnjährigen, die aufbegehrt. Die Handlung kehrt sich jedoch um: Nicht das Mädchen gerät in ein Wunderland, sondern der Nonsens bricht in die scheinbar logische Alltagswelt ein.

Frank Schuster (geb. 1969) lebt in Darmstadt, ist ehemaliger Redakteur der Frankfurter Rundschau und zurzeit Fraktionsreferent. Bisherige literarische Veröffentlichungen: If 6 Was 9 (Roman, Oldenburg 2003) sowie Kurzgeschichten in Literaturzeitschriften und Anthologien.

~ 3 ~


Vor und hinter dem Spiegel


Lorina leckte sich mit der Zungeüber ihre Zähne. Sie war sich nie sicher, ob sie den Geschmack von Zahnpasta lecker oder eklig finden sollte. Heute empfand sie ihn als eklig. Sie trat aus dem Badezimmer, wo sich ihre Schwester schon vor ihr gewaschen und ihre Zähne geputzt hatte. Sie gingüber den Flur und klopfte an Elizas Zimmertür.

„Wer ist da?“, hörte sie ihre Schwester von drinnen fragen.

„Ich bin’s, Lorina.“

„Kannst reinkommen.“

Als Lorina ins Zimmer trat, saß Eliza auf ihrem Bett. Sie wirkte nachdenklich und sah irgendwie verloren aus.

„Du, Eliza“, begann Lorina zaghaft.

„Was denn?“, fragte ihre Schwester.

„Irgendwas stimmt heute nicht mit dir.“

„Was soll denn sein?“

„Du wirkst so nachdenklich. Ja… und auch ein wenig verwirrt. Du hast heute gleich mehrmals komische Sachen erzählt– von einem Haus hinter dem Spiegel und so. Was soll das?“

„Glaubst du denn nicht daran, dass es eine Welt hinter den Spiegeln gibt?“

Lorinaüberlegte kurz. Dann sagte sie entschieden:„Nein“, und fuhr fort:„In der Schule, in Physik, haben wir gelernt: Es handelt sich bei Spiegelbildern einfach nur um Reflexionen, um Abbilder. Die Dingevor dem Spiegel werden von dem Spiegelglas lediglich zurückgeworfen.Hinter dem Glas ist nichts, auch wenn es manchmal so aussieht, als ob die Bilder ganz weit drinnen im Spiegel sind. Der einzige Unterschied…“

„Ja?“ Elizas Augenbrauen rutschten nach oben.

„Der einzige Unterschied ist“, fuhr Lorina unbeirrt fort,„die Bilder sind spiegelverkehrt.“

„… spiegelverkehrt“, wiederholte Eliza nachdenklich flüsternd.

„Ja“, sagte Lorina und redete sich regelrecht in Schwung:„Das, was hier links ist, ist dort rechts… und umgekehrt.“

„Und umgekehrt? Du meinst also, das, was dort links ist, ist hier rechts?“

Lorinaüberlegte kurz.„Äh… nein. Vonhier unddort kann man eigentlich gar nicht sprechen. Denn die Bilder im Spiegel sind ja, wie gesagt, nur Reflexionen, Abbilder von den Dingen davor. Sie haben kein Eigenleben, sie sind nur eine Reaktion auf das, was vor dem Spiegel passiert.“

„Nein, Lorina, das stimmt nicht.“

„Wie meinst du das?“

„Ich habe das auch immer gedacht. Bis vor kurzem. Da bemerkte ich, dass das Mädchen, das ich immer im Spiegel sehe, wenn ich vor ihn trete, sich manchmal anders bewegt oder verhält als ich. Ich meine damit nicht nur, dass bei ihm links ist, was bei mir rechts ist, und rechts, was bei mir links ist.“

„Was willst du damit sagen?“

„Es fing alles damit an, dass mir das Mädche