Grundlagen der Werkstoffkunde1
Mit den immer weitergehenden Forderungen an die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der Zeitmessung wächst die Verantwortung des handwerklichen Uhrmachers für die von ihm erstellten oder reparierten, d. h. wieder gebrauchsfähig gemachten Uhren. Dies bringt es mit sich, daß von jedem Berufsangehörigen eine umfangreiche Fachkenntnis sowohl des Aufbaus der Uhr als auch der Beschaffenheit und des Verhaltens der zu ihrer Herstellung verwendeten Werkstoffe gefordert werden muß (Abb. 1).
Abb. 1
Jedes einzelne Teil muß den vielfältigen Anforderungen gewachsen sein. Die Feder soll z. B. genügend Kraft entwickeln, die sie allmählich und gleichmäßig abgibt, ohne dabei zu ermüden, die Gleitflächen der Lager sollen der Bewegung geringsten Widerstand entgegensetzen, keine Abnutzung zeigen, dasÖl nicht ungünstig beeinflussen; während von diesem wieder ein kleiner Tropfen jahrelang frisch bleiben, seine Schmierfähigkeit behalten und im Lager zusammenbleiben soll. So muß jedes einzelne Teil eine größere Zahl von wertvollen Eigenschaften aufweisen, von denen keine zu entbehren wäre.
Rohstoffe– Werkstoffe– Hilfsstoffe
Der Vielseitigkeit der Anforderungen entspricht es, daß wir für die Herstellung jedes Teiles nur den geeignetsten Baustoff verwenden. In der Hauptsache sind es Stahl, Messing, Leichtmetalle und Zinklegierungen, auch Edelmetalle und Rubin. Diese und die zur Bearbeitung notwendigen Stoffe liefert uns die Natur aus ihren reichen Bodenschätzen, die in Form von Erzen, Erden, Kohle, Salzen und anderen zutage gefördert werden. Es sind dies die natürlichen Stoffe oder Rohstoffe. Durch umfangreiche Weiterverarbeitung und Veredlung werden sie für unsere Zwecke brauchbar gemacht und ergeben hierdurch die Werkstoffe. Alle Stoffe, die nun nicht zum eigentlichen Aufbau der Uhr Verwendung finden, sondern bei der Arbeit Hilfe leisten, bezeichnen wir als Hilfsstoffe (Reinigungsmittel,Öl, Schleif- und Poliermittel usw.).
Aufbau der Stoffe
Da die Eigenschaften der Werkstoffe in der Hauptsache von ihrem Aufbau und ihrem Zustand abhängen, wollen wir im folgenden ein Stück Metall näher betrachten. Lassen wir auf dieses einen Druck(eine Kraft) einwirken, so wird es etwas kleiner werden, vermindern wir den Druck(die Kraft), so wird es sich wieder ausdehnen. Das gleiche geschieht, wenn wir das Stück abkühlen bzw. erwärmen. Dies beweist, daß das Metall vorher nicht den ganzen Raum ausgefüllt haben kann, sondern daß Zwischenräume vorhanden sein müssen, die durch den Druck (die Kraft) oder die Temperaturänderung vergrößert oder verkleinert werden können.2
Molekel– Atom
Trotz des scheinbar vollkommen dichten Gefüges, so wie wir das Stück beim Betrachten mit bloßem Auge erkennen, besteht es aus einer großen Zahl kleinster Massenteilchen, aus Molekeln3 (molecula = Teilchen; Verkleinerungsform von moles = Masse) und Atomen (atomos = unze