: Friedrich Schiller
: Uwe Jansen
: Die Räuber. Textausgabe mit Kommentar und Materialien [Reclam XL - Text und Kontext] - Schiller, Friedrich - 16115
: Reclam Verlag
: 9783159605746
: Reclam XL ? Text und Kontext
: 3
: CHF 4.80
:
: Deutsch
: German
: 200
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bereits in seiner Schulzeit schrieb Schiller dieses Drama, in dem die Brüder Franz und Karl Moor, durch Neid und Intrigen entzweit, um Anerkennung und Gerechtigkeit kämpfen - wenn es sein muss, bis zum Tod. Klassenlektüre und Textarbeit einfach gemacht: Die Reihe »Reclam XL - Text und Kontext« erfüllt alle Anforderungen an Schullektüre und Bedürfnisse des Deutschunterrichts: * Reclam XL bietet den sorgfältig edierten Werktext - seiten- und zeilengleich mit der entsprechenden Ausgabe aus Reclams Universal-Bibliothek. * Das Format ist größer (12,2 x 20 cm) als die gelben Klassiker der Universal-Bibliothek, mit ausreichend Platz für Notizen am Seitenrand. * Schwierige Wörter werden am Fuß jeder Seite erklärt, ausführlichere Wort- und Sacherläuterungen stehen im Anhang. * Ein Materialienteil mit Text- und Bilddokumenten erleichtert die Einordnung und Deutung des Werkes im Unterricht. * Natürlich passen auch weiterhin alle Lektüreschlüssel, Erläuterungsbände und Interpretationen dazu! E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Friedrich Schiller (seit 1802: von; 10. 11. 1759 Marbach a. N. - 9. 5. 1805 Weimar) bildet mit Goethe den Kern der Weimarer Klassik, der bedeutendsten deutschen Literaturepoche. Schiller begann als Aufsehen erregender Sturm-und-Drang-Dichter und prägte seit 1795 als Publizist, Theoretiker, Dramatiker und Lyriker das berühmte klassische Weimarer Jahrzehnt. Schillers Dramen gehören noch heute zu den meistgespielten der deutschen Literatur, seine Gedichte, z. B. die Balladen, zählten im 19. Jahrhundert und darüber hinaus zum festen kulturellen Kanon der deutschen Literatur.

[11]Erster Akt


Erste Szene


Franken. Saal im Moorischen Schloss.

FRANZ.DER ALTE MOOR.

FRANZ. Aber istEuch auch wohl, Vater? Ihr seht so blass.

DER ALTE MOOR. Ganz wohl, mein Sohn – was hattest du mir zu sagen?

FRANZ. Die Post ist angekommen – ein Brief von unsermKorrespondenten in Leipzig –

DER ALTE MOOR(begierig). Nachrichten von meinem Sohne Karl?

FRANZ. Hm! Hm! – So ist es. Aber ich fürchte – ich weiß nicht – ob ich – Eurer Gesundheit? – Ist Euch wirklich ganz wohl, mein Vater?

DER ALTE MOOR. Wie dem Fisch im Wasser! Von meinem Sohne schreibt er? – Wie kommst du zu dieser Besorgnis? Du hast mich zweimal gefragt.

FRANZ. Wenn Ihr krank seid – nur die leisesteAhndung habt, es zu werden, so lasst mich – ich will zu gelegnerer Zeit zu Euch reden.(Halb vor sich.) DieseZeitung ist nicht für einen zerbrechlichen Körper.

DER ALTE MOOR. Gott! Gott! was werd ich hören?

FRANZ. Lasst mich vorerst auf die Seite gehn und eine Träne des Mitleids vergießen ummeinen verlornen Bruder – ich sollte schweigen auf ewig – denn er ist Euer Sohn; ich sollte seine Schande verhüllen auf ewig – denn er ist mein Bruder. – Aber Euch gehorchen, ist meine erste, traurige Pflicht – darum vergebt mir.

DER ALTE MOOR. O Karl! Karl! Wüsstest du, wiedeine Aufführung das Vaterherz foltert! Wie eine einzige frohe Nachricht von dir meinem Lebenzehen Jahre zusetzen würde – mich zum Jüngling machen würde – da mich nun jede, ach! – einen Schritt näher ans Grab rückt!

FRANZ. Ist es das, alter Mann, so lebt wohl – wir alle würden noch heute die Haare ausraufenüber Eurem Sarge.

[12]DER ALTE MOOR. Bleib! – Es ist noch um den kleinen kurzen Schritt zu tun – lass ihm seinen Willen!(Indem er sich niedersetzt.)Die Sünden seiner Väter werden heimgesucht im dritten und vierten Glied – lass ihn’s vollenden.

FRANZ(nimmt den Brief aus der Tasche). Ihr kennt unsern Korrespondenten! Seht! Den Finger meiner rechten Hand wollt’ ich drum geben, dürft ich sagen, er ist ein Lügner, ein schwarzer, giftiger Lügner – – Fasst Euch! Ihr vergebt mir, wenn ich Euch den Brief nicht selbst lesen lasse – noch dörft Ihr nicht alles hören.

DER ALTE MOOR. Alles, alles – mein Sohn, du ersparst mir die Krücke.

FRANZ(liest).»Leipzig, vom1. Mai. – Verbände mich nicht eine unverbrüchliche Zusage, dir auch nicht das Geringste zuverhehlen, was ich von den Schicksalen deines Bruders auffangen kann, liebster Freund, nimmermehr würde meine unschuldige Feder an dir zur Tyrannin geworden sein. Ich kann aus hundert Briefen von dirabnehmen, wie Nachrichten dieser Art dein brüderliches Herz durchbohren müssen, mir ist’s, als säh ich dich schon um den Nichtswürdigen, den Abscheulichen« – –(Der alte Moor verbirgt sein Gesicht.) Seht, Vater! ich lese Euch nur das Glimpflichste –»den Abscheulichen in tausend Tränen ergossen«, – ach, sie flossen – stürzten stromweis von dieser mitleidigen Wange –»mir ist’s, als säh ich schon deinen alten, frommen Vater totenbleich« – Jesus Maria! Ihr seid’s, eh Ihr noch das Mindeste wisset?

DER ALTE MOOR. Weiter! Weiter!

FRANZ.»Totenbleich in seinen Stuhl zurücktaumeln und dem Tage fluchen, an dem ihm zum ersten MalVater entgegengestammelt ward. Man hat mir nicht alles entdecken mögen, und von dem wenigen, das ich weiß, erfährst du nur weniges. Dein Bruder scheint nun das Maß seiner Schande gefüllt zu haben; ich wenigstens kenne nichtsüber dem, was erwirklich erreicht hat, wenn nicht sein Genie das meinige hierinübersteigt. Gestern um Mitternacht hatte er den großen Entschluss, nach vierzigtausend[13]Dukaten Schulden« – ein hübsches Taschengeld, Vater! –»nachdem er zuvor die Tochter eines reichen Bankiers allhier entjungfert undihren Galan, einen braven Jungen von Stand, im Duell auf den Tod verwundet, mit sieben andern, die er mit in seinLuderleben gezogen, dem Arm der Justiz zu entlaufen« – Vater! Um Gottes willen, Vater! Wie wird Euch?

DER ALTE MOOR. Es ist genug. – Lass ab, mein Sohn!

FRANZ. Ich schone Eurer –»Man hat ihm Steckbriefe nachgeschickt, die Beleidigte schreien laut um Genugtuung, ein Preis ist auf seinen Kopf gesetzt – der Name Moor« – Nein! meine arme Lippen sollen nimmermehr einen Vater ermorden!(Zerreißt den Brief.) Glaubt es nicht, Vater! Glaubt ihm keine Silbe!

DER ALTE MOOR(weint bitterlich). Mein Name! Mein ehrlicher Name!

FRANZ(fällt ihm um den Hals). Schändlicher, dreimal schändlicher Karl! Ahndete mir’s nicht, da er, noch ein Knabe, den Mädels so nachschlenderte, mit Gassenjungen und elendem Gesindel auf Wiesen und Bergen sich herumhetzte, den Anblick der Kirche, wie ein Missetäter das Gefängnis, floh, u