Kapitel I
Der Sohn eines Mächtigen wie der eines Schuhflickers ist das Ergebnis eines Stoßes des Hinterns. Wer einen Thron hat, der verdankt seine Geburt einer Lakaiin, die ihm dabei geholfen hat. Ihr Großen der Welt, seid nicht so stolz auf Eure Herkunft, denn ich, der ich zu Euch spreche, bin der Vater, eines Herzogs und zweier Marquisen. Was aber mich anbelangt, so bin ich ein Kind aus dem Bordell.
Meine Zeugung verdanke ich dem Beischlaf eines zwanzigjährigen Pagen, der so schön wie Amor war, mit einer kleinen Modistin von siebzehn Jahren, die so frisch wie die jüngste der Grazien war.
Der Graf von P., mein Vater, war seit einem Monat ein Page des Königs. Er war in der Provinz von seinem Vater großgezogen worden. Dazu war er ein Anhänger der jansenitischen Glaubensrichtung. Bei seiner Ankunft in Versailles war er so unschuldig wie ein Lamm. Aber nach einem Monat Dienst als Page hatte er seine kostbare Unschuld verloren. Seine züchtigen Kollegen waren gute Lehrer, sodass er fünfzehn Tage nach seiner Ankunft mit der Liebeslehre vollkommen vertraut war. Nach einem Monat Dienst bekam er zwei Tage Urlaub. Mit einem so gut wie er informierten Kollegen als Waffenbruder machte er sich auf nach Paris, um die Theorie in die Praxis umzusetzen, mit der sein Herz verdorben war.
Der Plan der beiden Leichtfüße war zunächst, in ein Bordell in der Rue St. Martin gegenüber der Rue Grenier-St.Lazare zu gehen. So kamen sie durch die Rue Michelle-Comte. Sie sahen schon von weitem an einem der Fenster dieses Keuschheitsklosters eine verblühte Schönheit, die den Passanten Dreiviertel ihrer schlaffen Brüste zeigte. Um sie war als Stütze ein großes Band geschlungen, sodass sie frischer aussahen. Man sollte eben bei der welken und mageren Gestalt der Venus die vierundzwanzig Jahre, die sie auf dem Buckel hatte, nicht erkennen!
Die Schöne, der es gefiel von zwei jungen Männern angestarrt zu werden, lachte ihnen zu. Beide taten das Gleiche. Sie machte daraufhin ein Zeichen mit dem Kopf und verließ das Fenster. Beide stürzten sich auf das Haus und waren im Begriff, die Türschwelle zuüberschreiten.
Plötzlich hielt Theodor— das ist der Name meines Vaters— seinen Kameraden zurück… Was hat wohl die beiden gehindert, ihre Lust zu befriedigen? Wer wohl? Eine kleine Modistin, die auf der Schwelle ihres Ladens stand.
Stellen Sie sich das schönste und verführerischste Mädchen vor, das die Natur erschaffen hat und dann haben Sie eine Vorstellung von der schönen Cécile. Siebzehn Jahre, mit langen blonden Haaren und einem runden Gesicht, das ihr nochüber dieübliche Zeit hinaus das Aussehen eines Kindes gab. Sie war klein, aber gut entwickelt, ihre Gestalt hatte weiche Konturen und ihre Brust entwickelte sich gerade, die ein doppeltes Leinentuch verhüllte, ohne jedoch die Umrisse zu verbergen.
Als Theodor sie erblickte, verachtete er die gewöhnliche und verwelkte Schönheit.
„Oh! Was für eine Gestalt!“ schrie Theodor.
„Wo?“ fragte ihn sein Kamerad.
„Da!“
„Diese kleine Modistin?“
„Ja!“
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