Kapitel 2
Linda kam sich ein wenig hilflos und verloren im Innern des großen Schiffes vor. Deshalb atmete sie förmlich auf, als ihr ein Steward begegnete, den sie nach dem Weg zu ihrer Kabine fragen konnte. Mit einem verständnisvollen Lächeln beschrieb er ihr die Richtung und wünschte einen guten Aufenthalt an Bord.
Sie bedankte sich und setzte dann im allgemeinen Gedränge ihren Weg fort. Erleichtert atmete sie auf, als sie am Ende des schmalen Ganges endlich die Kabine mit der Zahl Dreizehn entdeckte.
Die ominöse Mrs. Corley schien noch nicht da zu sein, denn die Kabine war noch verschlossen. Linda drehte den Schlüssel, und unwillkürlich entfuhr ihr ein Ausruf des Entzückens. Das war keine Kabine, das war ein richtig großes Zimmer, in zarten Pastellfarben gehalten, mit einer Einrichtung, die jedem Luxushotel zur Ehre gereicht hätte. Hoffentlich war diese Mrs. Corley halbwegs vernünftig, dann würde diese Fahrt wohl doch kein Reinfall werden.
Sie muss bald hier sein, dachte Linda und blickte unwillkürlich zur Tür, als sie draußen Schritte vernahm. Aber es war nur ein Steward mit Lindas Koffern, wie sich Sekunden später herausstellte. Mit einem freundlichen Lächeln stellte er das schwere Gepäck ab und verzog sich dann wieder diskret. Unterdessen inspizierte Linda die beiden Fenster der Kabine. In der Tat, die Stewardess hatte wirklich nicht übertrieben. Von hier aus hatte sie einen herrlichen Blick auf das Meer und den gesamten Hafen.
Sei’s drum, dachte sie und beschloss, Optimismus an den Tag zu legen. Bestimmt würde sich diese Mrs. Corley als freundliche ältere Dame entpuppen. Angesichts des Panoramas beschloss Linda, nicht länger zu warten, sondern wieder an Deck zu gehen und sich mit Jill zu treffen. Für das Auspacken der Koffer würde sie anschließend noch genügend Zeit haben.
Froh darüber, diesen Entschluss gefasst zu haben, verließ sie ihre Kabine, verschloss die Tür hinter sich und schlenderte dann langsam in Richtung Oberdeck, in der Hoffnung, dass sie diesmal den richtigen Weg gleich auf Anhieb finden würde.
Sie war so sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, dass sie den schwarzhaarigen Mann beinahe überrannt hätte, der plötzlich um die Ecke kam. Im letzten Augenblick konnte Linda einen Schritt zur Seite machen, sonst wäre sie unweigerlich mit ihm zusammengestoßen.
»Entschuldigen Sie«, murmelte sie hastig und schlug die Augen nieder, nachdem sie einen kurzen Blick in die markanten Gesichtszüge des Mannes geworfen hatte. Ihr Gefühl sagte ihr, dass der Fremde genau so aussah, als wenn er es auf alleinstehende junge Frauen abgesehen hätte. Ein typischer Playboy. Höchste Zeit also, sich von hier zu entfernen. Nicht zuletzt deswegen, weil der kurze, aber dafür intensive Blickkontakt zwischen ihr und ihm sie verunsichert hatte.
»Aber keine Ursache«, beeilte sich der Mann, ihr mit einem gewinnenden Lächeln zu versichern. Linda erwiderte das Lächeln nicht, sondern rauschte wortlos an ihm vorbei. Sie spürte jedoch förmlich seine Blicke im Rücken und war froh, als sie um eine Ecke biegen konnte und damit seinem Blickfeld entzogen war.<