: Prof. Dr. Norbert Walter, Dr. Jörn Quitzau
: Wer soll das bezahlen? Antworten auf die globale Wirtschaftskrise
: Pattloch Verlag
: 9783629320377
: 1
: CHF 7.50
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: Volkswirtschaft
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Das Wort des ehemaligen Chefvolkswirts der Deutschen Bank findet weltweit Beachtung. Norbert Walter hat als einziger Ökonom den Absturz der deutschen Wirtschaft in der Finanzkrise 2008 präzise vorausgesagt. Zusammen mit seinem Kollegen Jörn Quitzau von der traditionsreichen Hamburger Berenberg Bank bilanziert er die Konsequenzen, die aus der Weltfinanzkrise zu ziehen sind. Sie fordern 'Schluss mit dem Schuldenmachen!' und mahnen einen radikalen Kurswechsel in Wirtschaft und Politik an.

Prof. Dr. Norbert Walter ist der ehemalige Chefvolkswirt der Deutschen Bank und Geschäftsführer der Fa. Walter& Töchter Consult. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre und der Promotion war Norbert Walter zunächst Mitarbeiter am Institut für Kapitalmarktforschung in Frankfurt/Main (1968-1971), dann am Kieler Institut für Weltwirtschaft, an dem er u.a. die Abteilungen Konjunktur sowie Ressourcenökonomik leitete. 1987 Wechsel zur Deutsche Bank Gruppe. Von 1990 bis Ende 2009 Chefvolkswirt der Deutsche Bank Gruppe und Geschäftsführer von Deutsche Bank Research. Norbert Walter war Mitglied im Gremium der 'Sieben Weisen' zur Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte bei der EU-Kommission in Brüssel sowie Mitglied in der interinstitutionellen Monitoring-Gruppe (ernannt vom Europäischen Parlament, Rat und der Europäischen Kommission) für den Lamfalussy-Prozess zur Überwachung der Wertpapiermärkte. Norbert Walter war zudem Mitglied des Economic and Monetary Affairs Committee der European Banking Federation und Chairman der International Conference of Commercial Bank Economists. Seit Anfang 2010 arbeitet Prof. Walter in seiner eigenen Firma, der Walter& Töchter Consult.

USA: Drahtseilakt ohne Fangnetz


Deutschlands Schuldenstand ist zu hoch, aber zumindest im internationalen Vergleich derzeit noch nicht alarmierend. Noch droht uns keine hausgemachte Schuldenkrise. Aber wir verfügen nicht über die nötigen Reserven, um den hoch verschuldeten Staaten dieser Welt den nötigen Halt geben zu können. Für uns geht die eigentliche Gefahr nicht von Griechenland oder von Portugal aus.

Mittelfristig – möglicherweise sogar schon kurzfristig – lauert die eigentliche Gefahr in denUSA!

Die Amerikaner betreiben einen Drahtseilakt ohne sichtbares Fangnetz. Sie verabreichen seit Jahren Finanz-Doping ohne jegliche Hemmung. Schon vor der Krise hatten dieUSA Leitzinssenkungen als Allheilmittel für jedes ökonomische Problem gesehen. Die Blase am Immobilienmarkt war eine Folge davon. Als die Blase platzte, wurden die Aufräumarbeiten in der amerikanischen Wirtschaft mit Schulden finanziert. Außerdem lockerte dieUS-Notenbank erneut die Geldpolitik – nun auch auf unkonventionelle Weise: Sie kaufte amerikanische Staatsanleihen und finanzierte damit den öffentlichen Haushalt. Inzwischen ist die Notenbank dadurch zum größten Gläubiger der amerikanischen Regierung geworden.

Mit dieser Politik wurde eine Illusion am Leben gehalten. Bis zur Finanzkrise lebten die Amerikaner mit einer Vermögensillusion, weil sie sich durch die Übertreibungen bei den Hauspreisen reicher fühlen durften, als sie tatsächlich waren. Statt die Realität zu akzeptieren, entschied sich der Staat dafür, seinen Bürgern mit laxer Finanzpolitik weiterhin einen Reichtum zu suggerieren, den es eigentlich nicht gibt. Während der Finanzkrise waren Staatsausgaben als konjunkturbelebende Maßnahme durchaus gerechtfertigt. Es ging darum, die Schockstarre nach dem Lehman-Kollaps zu überwinden. Die Amerikaner scheinen jedoch so viel Gefallen an der Medizin gefunden zu haben, dass sie nicht mehr auf sie verzichten möchten. Damit wird Medizin zur Droge. Aber auch für dieUSA gilt: Drogen machen high, aber nicht gesund.

Die amerikanischen Kennzahlen zur öffentlichen Verschuldung haben es in sich: Vor Ausbruch der Krise lag der Schuldenstand noch bei rund65 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und damit gleichauf mit der deutschen Verschuldung. Seither ist der Wert hierzulande auf rund80 Prozent gestiegen, in denUSA dagegen auf knapp100 Prozent. Während die jährliche Neuverschuldung in Deutschland und in den anderen europäischen Staaten bereits zurückgeführt wird, halten dieUSA ihre finanzpolitischen Schleusen weit offen. DerIWF erwartet für2011 einUS-Haushaltsdefizit von9,6 Prozent. Zum Vergleich: Selbst unser größtes Sorgenkind Griechenland steht mit8 Prozent besser da. Und Spanien, das gelegentlich als weiterer Kandidat für die Inanspruchnahme desEU-Rettungsschirms gilt, fährt2011 mit einem erwarteten Defizit von6,1 Prozent einen deutlich seriöseren haushaltspolitischen Kurs als dieUSA. Dies hat Folgen für den Gesamtschuldenstand: DieUSA werden2012 die100-Prozent-Marke überschreiten. Am Jahresende2012 werden die Schulden des amerikanischen Staates somit der Wirtschaftsleistung eines kompletten Jahres entsprechen. Hinzu kommen in denUSA die im internationalen Vergleich hohen Schulden des Privatsektors.

In Europa läuten angesichts der Schulden die Alarmglocken. Mit bangem Blick wurde, bzw. wird jede Anleiheemission in Portugal, Spanien oder Italien verfolgt. Immer wieder wurde die Frage gestellt, ob der gewaltige Rettungsschirm im Ernstfall für die klammen europäischen Länder ausreichen würde oder ob er aufgestockt werden muss. »Bricht der Euro auseinander?«, war eine der meistgestellten Fragen der Jahre2010/2011.

Dagegen blieb es auf der anderen Seite des Atlantiks lange ruhig.