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«Glauben Sie eigentlich an den Teufel, Dr. Jakobi?»
Gute Frage. Mal überlegen. An einen feuerroten Superschurken mit Hörnern und einem Dreizack glaube ich schon mal nicht. Und dass man seiner Sünden wegen über dem Fegefeuer gegrillt wird, halte ich auch für ein Ammenmärchen. Gut möglich aber, dass es eine Hölle gibt. Vielleicht habe ich sogar schon mal einen Blick reingeworfen, und zwar vor etwas mehr als drei Jahren, als mein Leben seinen vorläufigen Tiefpunkt erreichte. Daran war aber nicht der Teufel schuld, sondern meine Exfrau.
«Nein. Eigentlich nicht», antworte ich. «Warum fragen Sie?»
Moosmann überlegt einen Moment. «Das klingt, als wären Sie sich nicht ganz sicher.»
«Verraten Sie mir, was das mit Ihrer Ehe zu tun hat?», erwidere ich und werfe einen Blick zur Uhr. Unsere Sitzung neigt sich dem Ende zu.
«Ich glaube, dass der Teufel bei meiner Ehe seine Finger im Spiel hat.» Moosmann strafft sich. Scheint so, als wäre ihm die Theorie selbst nicht ganz geheuer.
«Welches Interesse sollte der Teufel daran haben, Ihre Ehe zu zerstören?»
«Er will nicht meine Ehe zerstören, er will mich zerstören», erwidert Moosmann mit verschwörerischem Unterton.
«Herr Moosmann, warum sollte der Teufel ausgerechnet Sie zerstören wollen?»
«Keine Ahnung», erwidert Moosmann. «Aber er will mir doch ganz offensichtlich das Leben versauen. Sonst hätte er mir ja nicht meine Frau geschickt.»
Erneut blicke ich zur Uhr und überlege. Eigentlich ist unsere Sitzungszeit jetzt abgelaufen, aber ich möchte Moosmann nicht mit apokalyptischen Hirngespinsten nach Hause schicken. Zumal ich ahne, was passiert ist.
«Wir kennen uns nun schon seit ein paar Monaten, Herr Moosmann. Und ich stelle fest, dass Sie immer dann geglaubt haben, ein Opfer dunkler Mächte zu sein, wenn Ihre Frau gerade ein Verhältnis begonnen hatte.»
Regungslos schaut Moosmann mich an. Dann lehnt er sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. «Ach ja? Wirklich?»
Ich nicke. «Erinnern Sie sich an die Sache mit dem Tanzlehrer? Als die Affäre begann, dachten Sie, jemand hätte Ihnen einen Voodoo-Zauber angehängt.»
Moosmann schweigt. Ich sehe aber, dass es in ihm arbeitet.
«Und als Ihre Frau mit diesem Straßenkünstler anbändelte, da haben Sie mir erzählt, Sie wären von einer bösen Hexe verflucht worden. Erinnern Sie sich, dass wir eine ganze Sitzung damit verbracht haben, alle Verdachtsmomente gegen Ihre Schwiegermutter zu entkräften?»
Moosmann schweigt. Ich lasse ihm Zeit zum Nachdenken. Es klopft.
«Jetzt nicht!», rufe ich.
Die Tür wird geöffnet, und Frau Kretzer, meine Sprechstundenhilfe, schaut ins Zimmer. «Eben wollte Sie ein gewisser Auerbach sprechen. Er hat gesagt, er ruft noch mal an. Und ich soll Sie daran erinnern, dass Sie heute zum Abendessen verabredet sind.»
«Haben Sie gehört, was ich gerade gerufen habe?», frage ich konsterniert.
«Was haben Sie denn gerufen?»
«Jetzt nicht!», wiederhole ich.
«Ach so … das! Ja, hab ich gehört», sagt sie. «Aber ich bin in Eile und muss los.»
Bevor ich etwas erwidern kann, schließt sie die Tür. Damit ist das Gespräch beendet.
Moosmann schaut