: Leena Lehtolainen
: Wer ohne Schande ist Ein Finnland-Krimi
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644311916
: Die Maria Kallio-Reihe
: 1
: CHF 10.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein neuer Fall für Maria Kallio, die beliebte Ermittlerin der finnischen Bestsellerautorin Leena Lehtolainen: Ein rätselhafter Doppelmord führt die selbstbewusste Kommissarin ins Eishockey-Milieu. Ein gewittriger Augusttag. In den Schären westlich von Helsinki treiben zwei in Plastikplane eingewickel¬te Leichen. Als Kommissarin Maria Kallio eintrifft, sind die technischen Untersuchungen bereits im Gange. Bei den Toten handelt es sich um eine nackte, auffallend schöne Frau um die Fünfzig und einen Mann, dessen Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellt wurde. Ein Lokalpolizist, der die Schärengegend sehr gut kennt, kann die Frau schon bald identifizieren: Sie ist die Schwägerin einer ehemaligen Eishockeylegende mit kompliziertem Familienhintergrund. Was sie allerdings mit dem vorbestraften Arbeitslosen zu tun hatte, mit dem zusammen sie gestorben ist, bereitet Maria lange Kopfzerbrechen ...

Leena Lehtolainen, 1964 geboren, lebt und arbeitet als Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin in Degerby, westlich von Helsinki. Sie ist eine der auch international erfolgreichsten finnischen Schriftstellerinnen, ihre Ermittlerin Maria Kallio gilt nicht nur als eine Art Kultfigur der finnischen Krimiszene, sondern erfreut sich auch bei deutschen Leserinnen und Lesern seit dem Erscheinen des ersten Bandes der Reihe 1994 ungebrochener Beliebtheit.

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Ich hörte das Handy bis unter die Dusche. Es klimperte Bon Jovi, der Anruf kam also von Koivu. Ich wusch den letzten Rest Spülung aus den Haaren und trocknete mich ab, bevor ich nachsah, ob er eine Nachricht hinterlassen hatte. Ich war gerade erst von der Arbeit gekommen, und selbst von dem knappen Kilometer Fußweg war ich so verschwitzt gewesen, dass ich unbedingt eine Dusche gebraucht hatte. Zum Glück hatte ich mir noch nichts von dem kalten Weißwein eingegossen, nach dem ich gierte, denn Koivus Anruf konnte nur bedeuten, dass ich wieder zur Arbeit musste. Auf meinem Handy blinkten gleich zwei Nachrichten, den ersten Anruf hatte ich nicht gehört. Er war von Jyrki Taskinen gekommen, dem Leiter der Abteilung Gewaltkriminalität bei der zum Polizeibezirk Uusimaa gehörenden Espooer Polizei.

«Maria, ruf mich so schnell wie möglich an.» Mehr hatte Taskinen nicht auf Band gesprochen, während Koivus Nachricht, wie üblich, wortreicher war.

«Im nördlichen Teil von Upinniemenselkä, am Südufer der Insel Haraholm, wurden zwei Leichen gefunden. Du hast richtig gehört: zwei. Und das ist noch nicht alles. Sie waren in Plastikfolie gewickelt. Also niemand, der aus einem Boot gefallen wäre. Taskinen meint, das ist ein Fall für unsere Einheit. Sag mir, wo du bist, dann hole ich dich ab.»

Da Jyrki Taskinen mein Chef und Pekka Koivu mein Mitarbeiter war, rief ich Jyrki am besten zuerst an. Obwohl ich nichts als ein Handtuch trug, wurde mir unter dem dicken Frotté heiß. Ich schaltete die Klimaanlage ein, bevor ich wieder zum Handy griff.

«Hallo, Jyrki, was gibt’s? Koivu hat auch schon angerufen. Angeblich sind im Meer zwei in Plastikfolie gewickelte Leichen gefunden worden.»

«Genau. Der Finder hat seinen Nachbarn alarmiert, der bei der Polizei in Kirkkonummi arbeitet. Er heißt Jon Berg. Kennst du ihn?»

«Der Name sagt mir nichts. Unsere Einheit hatte noch keinen Fall, bei dem Kirkkonummi beteiligt war. Dort ist in puncto Gewaltverbrechen bisher nichts passiert, was den Club der Seltsamen interessiert hätte.»

Taskinen lachte dröhnend, obwohl der Name, den Puupponen unserer Einheit verpasst hatte, schon ein alter Witz war. Taskinen hatte kämpfen müssen, damit die von mir geleitete Einheit für untypische Gewaltverbrechen bei der neuesten Umstrukturierung der Polizei erhalten blieb.

«Wer hat die Leichen gefunden?»

«Ein Mann namens Kalle Laine, der in der Gegend eine Sommerhütte besitzt. Berg hat sich die Lage in Haraholm angesehen und sich bei der Notrufzentrale gemeldet, die ihrerseits Polizei und Seegrenzwacht informiert hat. Eine Patrouille des Küstenschutzes in Porkkala ist sofort losgefahren, um das Gebiet abzusperren, und ich habe unsere Techniker hingeschickt. Aber ich möchte, dass du und Koivu auch hinfahrt, damit wir gleich die Ermittlungen einleiten können. Der Küstenschutz in Porkkala hat uns Amtshilfe zugesagt, weil neuerdings Mangel an Polizeibooten herrscht. Koivu ist wohl schon losgefahren, um dich abzuholen.»

Die Türklingel bestätigte seine Vermutung. Ich versprach Jyrki zurückzurufen und überprüfte im Spiegel, ob das Handtuch alle wichtigen Körperteile vollständig bedeckte, bevor ich die Tür öffnete. Ich war schon einige Male mit Koivu in der gemischten Sauna gewesen, aber wenn irgendein Nachbar vor dem Haus herumstand, würde er sich Gedanken machen, wieso die derzeit als Strohwitwe lebende Kommissarin Kallio halbnackt fremde Männer empfing.

Koivu grinste bei meinem Anblick, und Jahnukainen, eine unserer beiden Katzen, schlüpfte zwischen seinen Beinen hindurch ins Haus.

«Hier geht es ja heiß zu. Zieh dich an, dann stechen wir in See. Ich habe schon Tabletten gegen Seekrankheit geschluckt.»