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Mitte Juli 1580.
Die„Isabella VII.“ segelte bei handigem, wechselweise aus West bis Nordwest wehendem Wind mit südlichem Kurs auf die Küste von Nordafrika zu. Nur eine flache Dünung kräuselte die See. Der strahlend blaue Himmel war fast wolkenlos, die Sonnenstrahlen brannten ungehindert auf das Oberdeck der Zweimastkaravelle.
Es war heiß. Die Männer der nunmehr zwanzigköpfigen Crew hatten sich ihrer Hemden entledigt und liefen mit bloßen Oberkörpern herum. Aber nicht die steigende Temperatur war der Grund, warum alle Arbeiten ohne dieübliche Beflissenheit versehen wurden. Die Trägheit der Männer hatte ihre Ursache in einer allgemein um sich greifenden, zunehmenden Apathie, und das war eine bedenkliche Angelegenheit.
Matt Davies, der Mann mit der Eisenhakenprothese, klarierte im vorderen Bereich der Kuhl ein Fall. Mit mürrischer Miene schaute er durch das offene Backbordschott des Vordecks dem Kutscher beim Aufklaren in der Kombüse zu. Der Kutscher sah auch nicht gerade begeistert aus.
„Ich hab’s satt“, sagte Matt.
Der Kutscher hatte es verstanden. Aber er antwortete nicht. Er zuckte nur mit den Schultern. Das war nun mal seine Art. Nicht, daß er maulfaul war, aber in Situationen wie dieser zog er es doch vor, Zurückhaltung zuüben.
Nicht so Matt.„Also wirklich, mir reicht’s. Diese langwierige und langweilige Kreuzerei quer durchs Mittelmeer, das ist der allerletzte, blödeste Törn, den ich je gefahren bin.“
Blacky, Al Conroy und einige andere waren in seiner Nähe und nickten. Matt wandte den Kopf. Ihre Blicke begegneten sich. Sie waren alle der gleichen Meinung. Es war nichts mehr los auf der„Isabella“, und das setzte ihnen gewaltig zu.
Am 13. Juni hatten sie Cartagena an der Südostküste von Spanien hinter sich gelassen. Einen Monat waren sie also inzwischen wieder unterwegs– dabei hätten sie unter Normalbedingungen in weniger als der Hälfte der Zeit ihr Ziel Algier erreichen können. Aber widrige Winde hatten ihnen bei derÜberfahrt zugesetzt, und außerdem hatten sie bei Sichtung fremder Schiffe immer wieder Ausweichkurse wählen müssen.
Das war eine Vorsichtsmaßnahme des Seewolfes. Philip Hasard Killigrew hatte schon genug am Hals, er wollte nicht noch mehr Schwierigkeiten haben und vor allen Dingen der Mannschaft keine unnötigen Opfer abverlangen.
Seit sie England mit Kurs auf Cadiz verlassen hatten, war es zu einigen erschütternden Zwischenfällen gekommen. Besonders Buck Buchanans Tod hatte Hasard schwer getroffen. Denn er war auf der Suche nach seiner Vergangenheit, forschte nach seinem verschollenen Vater Godefroy von Manteuffel, und lag mit sich selbst im Widerstreit, ob er dabei das Recht hatte, seine Mannschaft in Todesgefahr zu bringen. Denn das war die bittere Realität: Wo immer er bohrte, wo i