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Annette von Droste-Hülshoff
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Gesammelte Werke von Annette von Droste-Hülshoff Die Judenbuche + Bei uns zu Lande auf dem Lande + Bilder aus Westfalen + Gedichte (Der Knabe im Moor, Die Vendetta, Morgenlied, Die Vergeltung, Im Grase, Am Bodensee, Carpe diem! und vieles mehr)
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e-artnow
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9788026813392
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3
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CHF 1.80
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350
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kein Kopierschutz
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ePUB
Dieses eBook: 'Gesammelte Werke von Annette von Droste-Hülshoff' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen.
Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) war eine deutsche Schriftstellerin und Komponistin. Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschen Dichterinnen. Annette nahm ihre literarische Arbeit sehr ernst und war sich bewusst, große Kunst zu schaffen. Ihre Balladen wurden berühmt (Der Knabe im Moor), wie auch ihre Novelle Die Judenbuche. Ein wichtiges Dokument tiefer Religiosität ist ihr Gedichtzyklus Das geistliche Jahr, in dem aber auch die Zerrissenheit des Menschen zwischen aufgeklärtem Bewusstsein und religiöser Suche gestaltet wird. Die Ausführungen in diesem Werk werden heute als biographisch erachtet, da sie über 20 Jahre an dem gesamten Zyklus arbeitete.
Inhalt:
Die Judenbuche
Bei uns zu Lande auf dem Lande
Bilder aus Westfalen
Gesammelte Gedichte:
Das Hospiz auf dem Großen St. Bernhard (Epos)
Das Vermächtnis des Arztes (Epos)
Gedichte 1844
Das Geistliche Jahr (Religiös Gedichtzyklus)
Letzte Gaben
Einleitung des Herausgebers Inhaltsverzeichnis
Ich bin ein Westfale, und zwar ein Stockwestfale, nämlich ein Münsterländer– Gott sei Dank! füge ich hinzu– und denke gut genug von jedem Fremden, wer er auch sei, um zu glauben, daß er, gleich mir, den Boden, wo seine Lebenden wandeln und seine Toten ruhen, mit keinem andern Boden vertauschen würde, obwohl seit etwa zwei Jahrzehnten, das heißt seit der Dampf daran arbeitet, das Landeskind in einen Weltbürger umzublasen, die Furcht, beschränkt und eingerostet zu erscheinen, es fast zur Sitte gemacht hat, die Schwächen der Alma mater, welche man sonst Vaterland nannte und bald nur als den zufälligen Ort der Geburt bezeichnen wird, mit möglichst schonungsloser Hand aufzudecken und so einen glänzenden Beweis seiner Vielseitigkeit zu geben– es ist bekanntlich, ja unendlich trostloser, für albern, als für schlimm zu gelten!– Möge die zivilisierte Welt also getröstet sein, denn ihre Fortschritte zu der alles nivellierenden Unbefangenheit der wandernden Schauspieler, Scherenschleifer und vagierenden Musikanten sind schnell und unwidersprechlich– dennoch bleiben Erbübel immer schwer auszurotten, und ich glaube bemerkt zu haben, daß, sobald man auf die Redeweisen dieser grandiosen Parteilosen sein kräftig eingeht und etwa hier und dort noch den rechten Drücker aufsetzt, sie gradeso vergnügt lächeln als ein Bauer, der Zahnweh hat.»Gott bessers«, sage ich undüberlasse die beliebige Auslegung jedem. Was mich anbelangt, so bin ich, wie gesagt, ein Mensch nullius judicii, nämlich ein Münsterländer, sonst guter Leute Kind, habe studiert, in Bonn, in Heidelberg, auch auf einer Ferienreise vom Rigi geschaut und die Welt nicht nur weitläufig, sondern sogarüberaus schön gefunden– ein in der Tat wunderbar köstlicher Moment, und für den armen Studenten, der um jeden zu diesem Zwecke heimgelegten Groschen irgendeine andere Freud hat totschlagen müssen, ein tief, fast wie heilig bewegender Moment– dennoch nichts gegen das erste Knistern des Heidekrauts unter den Rädern, nichts gegen das mutwillige Anbringen der ersten Blütenstaubwolke, die die erste Nußhecke uns in den Wagen wirbelte– nach zwei langen auswärts verlebten Jahren. Ich lehnte mich weit aus dem Schlag, ließ mich gelb einpudern, wie ein Römer aus den Zeiten Augustus, und sog wie berauscht die erstickenden Küsse meiner Heimat ein– dann kamen meine klaren, stillen Weiher mit den gelben Wasserlilien, meine Schwärme von Libellen, die wie glänzende Zäpfchen sichüberall anhängen, meine blauen, goldenen Schmetterlinge, welche bei jedem Hufschlag ein flatterndes Menuett veranstalteten.– Wie gern wäre ich ausgestiegen und ein Weilchen nebenher getrabt; aber es kam mir vor, als müßte ich mich schämen vor den Leuten im Schnellwagen, und vor allen machte mir ein bleicher, winddürrer Herr not, der ganz aussah wie ein Genie, was auf Menschenkenntnis reist; denn ich bin ehrlicher Leute Kind und möchte nicht gern als empfindsame Heidschnucke in einem Journale figurieren– deshalb will ich denn auch hier abbrechen und nur erst sagen, daß ich seit zwölf Jahren wieder bei uns zu Lande bin und mein friedliches Brot habe, als Rentmeister meines guten gnädigen Herrn, der keine Schwalbe auf seinen Dächern belästigen mag, wieviel weniger seine Leuteüberladet, so daß ich meine Arbeit in der Tat ganz wohl zwingen kann und um vieles an gutem, ich meine gesundem Aussehen gewonnen habe, sonderlich in den letzten fünf Jahren, seit ich das obere Turmzimmer bewohne, was das gesündeste im Hause ist und mir noch allerhand kleine Ergötzlichkeiten gestattet, indem ich aus dem Fenster angeln und den Reiherüber dem Schloßweiher schießen kann. Die Zeitungen werden mir auch gebracht, nachdem der Herr sie gelesen, und die Bücher aus der Leihbibliothek; so füllt sich meinÜberschuß an Zeit ganz behaglich aus, und ich bleibe so nett im Rapport mit der politischen und belletristischen Außenwelt. Sehr wunderlich war mir zumute, als mir vor etwa zehn Jahren zum ersten Male mein gutes Ländchen in van der Veldens Romane unverhofft begegnete; es war mir fast, als sei ich nun ein Lion geworden und könne fortan nicht mehr in meinem ordinären Rocke ausgehen. In den letzten Jahren habe ich mich indessen dagegen verhärtet, seit wir Westfalen in der Literatur wie Ameisen umherirren.– Ich will nichts gegen diese Schriften sagen, da ich wohl weiß, wie es mir ergehen würde, wenn ich zum Beispiel einen Russen oder Kalmücken beschreiben sollte, aber so viel ist gewiß, daß ich in den Figuren, die dort unsere Straßen durchwandeln, höchstens meine Nebenmenschen erkannt habe; mir fiel dabei ein, wie ich in den Gymnasialjahren bei einer stillen honetten Familie wohnte, wo jeden Abend Walter Scotts Romane, einer nach dem andern, andächtig vorgenommen wurden– mein Wirt war Forstmann, sein Bruder Militär und seiner Frauen Bruder, der sich pünktlich um sieben mit der langen Pfeife und einem starken Salbenduft einstellte, Wundarzt. Gott! wie haben wir uns an dem Schottländer ergötzt, aber nur ich ganz rein, weil ich von allem, was er verhandelte, eben kaum oberflächliche Kenntnisse hatte, die andern hingegen fanden alles unübertrefflich, bis auf die greulichen Schnitzer in jedes eigenem Fach, und lagen sich oft in den Haaren, daß sie im Eifer das Licht ausdampften und mir vor Rauch und Angst der Atem ausging; denn mein Held lag derweil hart verwundet am Boden, und mir war, als müsse er sich verbluten, oder er hingüber einem schaudernden Abgrund, und mir war, als sähe ich ein Steinchen nach dem andern unter seinen Füßen wegbröckeln; daraus habe ich denn geschlossen, nicht damals, sonde