: Achim von Arnim
: Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores (Roman)
: e-artnow
: 9788026809982
: 1
: CHF 1.80
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 512
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses eBook: 'Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores (Roman)' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Achim von Arnim (1781/1831) war ein deutscher Schriftsteller. Neben Clemens Brentano und Joseph von Eichendorff gilt er als wichtigster Vertreter der Heidelberger Romantik. 'Armut, Reichtum, Schuld und Buße der Gräfin Dolores' ist ein Roman von Achim von Arnim, der zu Ostern 1810 bei Reimer in der Realschulbuchhandlung Berlin erschien. Es wird aus dem Leben der Schwestern Dolores und Klelia sowie des Grafen Karl erzählt. Aus dem Buch: 'Vor einer kleineren Residenzstadt des südlichen Deutschlands erscheinen dem Reisenden, der die große Heerstraße vom Gebürge herabfährt, zwei große hervorragende Gebäude von ganz verschiedener Bauart und Umgebung. Einem altertümlich getürmten und geschwärzten, von Wassergräben umzogenen Schlosse gegenüber, schimmert ein freier, leichter, heiterer, flachgedeckter italienischer Palast im schönsten Grün eines weiten Gartens, so auffallend vorleuchtend mit hellen Marmorfarben und großen glänzenden Fenstern als glücklicher Nebenbuhler, als eine neue fröhlige Zeit neben einer verschlossenen ängstlichen alten, daß diese Bemerkung sehr wahrscheinlich jedem beim ersten Anblicke eingefallen sein mag...'

Viertes Kapitel


Hugh Schapler und sein Vetter Simon

Herr Gernier Schapler (Capet) von Geblüt und Stamm ein edler rittermäßiger Mann, hatte sich nicht geschämt die Tochter eines reichen Metzgers zu Paris, eine fromme, tugendsame undüberschöne Jungfrau zu einer eheligen Gemahlin zu nehmen. Gott, der ihn reichlich mit Geld und Gut versehen, hat ihm auch einen jungen Sohn mit dieser seiner Gemahlin beschert, an den er beider Kräfte so wunderbar gewendet, ein Kind von außerordentlicher Stärke und adlicher Gesinnung hervor zu bringen. Der Vater starb, noch ehe dieser Sohn geboren, die Mutter aber in der Geburt. Die Verwandten ließen ihn Hugh (Hugo) taufen, er wuchs in allen ritterlichen Tugenden auf, es war kein Turnier im Lande, wo er nicht Ehre eingelegt hätte, doch weil er ohne elterliche Zucht geblieben war, so schöpfte er mit dem großen Löffel auf und weil er viel vertragen konnte, so verschlemmte er viel. Seine Wirte, Schuster, Schneider, Harnischer, Sporer versahen es sich am wenigsten, als Hugh gar nichts mehr im Vermögen hatte, sie schlossen immer noch falsch, wer so viel vertäte, müsse so vielübrig haben, wie noch jetzt häufig der Fall ist.Dolores Auch bei unserm Vater,– es ist doch unrecht, daß er gar nicht für uns gesorgt hat, warum hat er uns in die Welt gesetzt. .... Als nun diese Schuldleute kamen, saß Hugo in großem Unmute einige Tage bei sich verschlossen und aß arme Ritter statt der reichen Braten, bis ihm endlich einfiel zu seinem Vetter Simon nach Paris zu reiten, der ein reicher Metzger daselbst und seiner Mutter nächster Blutsverwandter war. Also machte sich Hugh eines Morgens heimlich auf, ritt nach Paris und da er vor seines Vetters Haus kam, das mit roten ausgeschnitzten und aufgeblasenen Braten, wie mit einer köstlichen Tapete behangen war, da wurde er bald erkannt und ihm die Türe geöffnet. Hugh aber, wollte nicht also hineinreiten sondern stieg ab von seinem Pferde, zog seinen Hut ab und grüßte seinen Vetter ganz demütiglich, welcher ihn mit gleicher Demut bewillkommte und sprach: Lieber Herr und Vetter, wie soll ich das verstehen, daß ihr euch gegen mich so demütig erzeiget, hab ich euch doch all mein Tage nie so schlecht gerüstet gesehen, so hat auch euer Vater Herr Gernier euch solchem geringen Stande nie zugeführt; ihr wißt wohl, wie er oft mit zwölf gerüsteten Pferden in meinem Hause zu Herberge gelegen, er hatte auch stets die auserlesensten Knechte aus ganz Frankreich, deshalb ich michüber euch entsetze und besorge, es gehe euch nicht nach eurem Sinne. Darum so kommt in mein Haus, euer Pferd soll wohl versorgt werden, habt ihr dann ein heimlich Anliegen, dadurch ihr so betrübt seid, wollet mir solches nicht verhalten; kann ich euch dann mit Leib und Gut behilflich sein, so sollt ihr an mir keinen Zweifel haben, ich will mich hierin nicht sparen, noch verdrossen sein.–

Dolores Ja wenn unsre Vettern so gedacht hätten, und das war doch nur ein gemeiner Mann; ach Schwester wenn wir doch den Stadtschlächter zu unserm Blutsverwandten hätten.

..... Auf dieses freundliche Erbieten ging Hugh mit seinem Vetter Simon in sein Haus; sein Pferd wurde abgezäumt, er zog seinen Harnisch und Rüstung ab. Indem ließ sein Vetter Simon ein herrlich Nachtmahl auftragen, frische Würste in der Suppe, Rindermark auf geröstetem Brot, Rippenstücke mit Rosinen gefüttert, Brustkern mit Mandeln gefilzt und seine Hausfrau trat dabei vor, ganz rot, wie sie eben aus der Küche getreten vom großen Feuer und sagte auch ihre Verwunderung, Herrn Hugh in so schlechter Rüstung zu finden, wie sie an seinem Vater nie gewöhnt gewesen. Aber Hugh schwieg darauf still und war fröhlig bis das Nachtmahl geendet und der Tisch aufgehoben worden; da fing Hugh an und erzählte seinem Vetter alle seine Handlungen, wie er in den zwei Jahren, seit er sein Vermögen ohne Vormund verwaltet, Haus gehalten und all sein Hab und Gut vertan, auch mehr denn zwei tausend Kronen schuldig geworden und weil er von diesen Schuldnern Tag und Nacht keine Ruhe behalten, sei er außer Landes gereist, von ihm einen guten Rat zu holen.–

Dolores Wo mag jetzt wohl unser Vater sein?....

Da nun sein Vetter Simon dies alles mit großer Verwunderung und Mitleiden vernommen hatte, fing er an mit guten und lieblichen Worten den guten Hugh zu trösten, sprechend: Lieber Herr und Vetter, dieser euer Unfall ist mir von Herzen leid; ihr solltet euch aber anders in den Handel geschickt haben und das Eure nicht also unnütz verpraßt haben; denn gewonnenes Gut, wenn es verloren geht, ist gar schwerlich wieder zuüberkommen; ihr solltet auch nicht so milde im Ausgeben gewesen sein, nach den schönen Weibern und böser Gesellschaft müßig gestanden haben, denn jetzund werdet ihr gewahr, daß deren keiner in eurer Nöten euch behilflich sei und könnte er euer Leben, da Gott vor sei, mit einem Heller erretten.

Dolores Gibt uns wohl einer der reichen Engländer, oder der fremden Prinzen, die sich in unserm Hause belustigt, einen Heller? ... Zwar hat euer lieber Vater auch einen großen Stand geführt, er hatte aber