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Avery Mullins stand zögernd vor dem Eingang der frisch renovierten Bar. So früh am Tag war hinter der verschlossenen Doppeltür aus Glas und Eiche – einer neuen Tür, die erst vor zwei Wochen eingebaut worden war – nur das schwach beleuchtete Innere der Bar zu erkennen.
Sie hatte geholfen, diese Türen auszusuchen.
Frisch gemalte Schilder hingen über den großen Vorderfenstern und priesen die Speisen, zwei Pooltische, Tanzmöglichkeiten und Drinks an. Darüber stand in Neonbuchstaben der Name der Bar:Getting Rowdy. Sie musste immer grinsen, wenn sie das sah, weil sie den Namen vorgeschlagen hatte und er begeistert darauf eingegangen war.
In so kurzer Zeit hatte sich unglaublich viel geändert. Die Bar war von einer gescheiterten, heruntergekommenen Absteige, die vor allem für ihre billigen Drinks und die Möglichkeit, an illegale Drogen ranzukommen, zu einer vielversprechenden, neuen Ausgehmöglichkeit geworden, die immer mehr Publikum anzog. Noch bemerkenswerter war jedoch ihr Aufstieg von der sich abrackernden Kellnerin zur obersten Barkeeperin.
Aus diesem Grund hatte sie in letzter Zeit meist ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen. Dank des Trinkgelds, das sie zusätzlich zu ihrem erhöhten Gehalt bekam, musste sie sich nicht länger mit zwei Jobs abmühen, um über die Runden zu kommen.
Sie hatte ihre Wohnung behalten, die man wohlwollend noch als bescheiden bezeichnen konnte. Um anonym zu bleiben, fuhr sie auch weiterhin mit dem Bus zur Arbeit und wieder nach Hause anstatt mit dem Auto. Aber …
Sie hatte sich verändert.
Bevor sie Rowdy Yates kennengelernt hatte – den Besitzer der Bar, der jetzt auch ihr Boss und außerdem ein unglaublich heißer Kerl war – und von seinem Enthusiasmus mitgerissen worden war, mit dem er aus dieser Kaschemme unbedingt etwas machen wollte, hatte sie … überlebt. Nicht mehr und nicht weniger. Sie war eigentlich nicht unglücklich gewesen. Okay, sie hatte auch nicht wirklich Zeit gehabt, um über so etwas wie Glück oder Unglück überhaupt nachzudenken.
Aber sie hatte ihr Leben auch nicht genossen. Nicht so wie jetzt.
Es gefiel ihr, dass Rowdy sie oft an seinen Entscheidungen in Bezug auf die Bar teilhaben ließ und sie dabei fast wie eine gleichberechtigte Partnerin und nicht nur wie eine Angestellte behandelte. Er hatte natürlich immer das letzte Wort, fragte sie aber immer nach ihrer Meinung. Er war stolz, aber nicht zu dickköpfig, um nich