: Noam Chomsky
: Die Herren der Welt Essays und Reden aus fünf Jahrzehnten
: Promedia Verlag
: 9783853718186
: 1
: CHF 14.30
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: Zeitgeschichte (1945 bis 1989)
: German
: 208
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Noam Chomsky gilt als einer der bekanntesten kritischen Zeitgenossen ... und als einer der meistzitierten. Dabei sah sich der US-Amerikaner zeitlebens weniger auf der Seite der Intellektuellen als auf jener der Aktivisten, die gegen die von den USA verordnete globale politische und wirtschaftliche Ordnung aufbegehrten. Der vorliegende Band kann als das politische Vermächtnis des 85-Jährigen gelesen werden. 'Die Herren der Welt' umfasst die wichtigsten Essays und Reden Chomskys aus einer fast 50-jährigen Schaffensperiode, die sich mit der Natur der Staatsmacht und deren ideologischen Grundlagen vom 'Kalten Krieg' bis zum 'Krieg gegen den Terror' befassen. In seinen Fokus gerät dabei auch die internationale Gerichtsbarkeit als Instrument zur Durchsetzung einer ungerechten Weltordnung. Die meisten der hier vorliegenden Beiträge sind erstmals auf Deutsch und zeitgleich mit der englischsprachigen Ausgabe in Buchform erhältlich. Das titelgebende Zitat stammt vom schottischen Ökonomen Adam Smith (1723-1790), der in seinem Werk 'Der Wohlstand der Nationen' ausführte: 'Alles für uns und nichts für die anderen - das ist offenbar schon von jeher die üble Maxime der Herren der Welt.' Chomsky zerpflückt die Argumente dieser Herren und ihrer Herrschaftspraktiken mit unerbittlicher Logik und zerstört die Mythen derjenigen, die Macht und Privilegien einiger weniger gegen die Interessen und Nöte der Mehrheit absichern.

Noam Chomsky, geboren 1928 in Philadelphia, ist emeritierter Professor für Linguistik am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Boston. Seine sprachwissenschaftlichen Theorien machten ihn zu einem der einflussreichsten Wissenschaftler auf diesem Gebiet. Als Kritiker der US-amerikanischen Politik erlangte er weltweite Berühmtheit, er wurde wiederholt von den amerikanischen Behörden in Haft genommen, erstmals 1967 bei einer Demonstration gegen den Vietnam-Krieg. Chomsky tritt in seinen Publikationen gegen Kapitalismus, Globalisierung und die Manipulation der Medien auf.

Vorwort von Marcus Raskin


Das politische Wirken von Noam Chomsky und sein Verständnis von der Sprachfähigkeit eint metaphorisch gesprochen das Band der Universalität. Diese Universalität ist kein Mythos, der Wahrheiten verbergen und die Suche nach Wahrheit marginalisieren soll; sie bedeutet auch nicht, dass das öffentliche Leben überall gleich sein soll. Eine Seite des Chomsky’schen Bandes ist die angeborene Sprachfähigkeit des Menschen und somit die menschliche Fähigkeit zu kommunizieren. Folgt man diesem Band der Universalität, scheint man an einer Kurve anzukommen und stellt fest, dass dem Band die Fähigkeit eingeprägt ist, rational und moralisch zu handeln; diese Fähigkeit ermöglicht es dem Menschen, positive gesellschaftliche Ziele zu verfolgen. Man könnte sogar annehmen, dass der menschlichen Natur eine Fähigkeit der unveränderlichen Empathie eigen ist. Wir kommen rasch zu der Schlussfolgerung, dass die Menschheit mehr als ein Haufen unteilbarer, aber leerer Monaden ist, die nicht miteinander verbunden sind, abgesehen von zufälligen Zusammenstößen; außerdem schließen wir, dass die Menschheit von einem unaufhaltsamen Trieb geprägt ist, aus ihrem Rohmaterial etwas Besseres herzustellen. Wir wünschen uns, dass unser gemeinsames Wissen zu Liebe führt, und umgekehrt; und wir möchten, dass Macht beiden dient. Vielleicht wird eine weltweite menschliche Kultur entstehen, in der keiner bestimmten Gruppe von der Universalität eine bevorzugte Stellung zugewiesen wird, sondern jeder mit jedem durch Solidarität und gegenseitige Achtung verbunden ist. Bei genauerer Betrachtung erkennen wir, dass die Fasern des Bandes jedoch gerissen sind und repariert werden müssen. Doch wie soll man sie reparieren, ohne dass sich das Band auflöst? Mit welchen Werkzeugen können wir sie reparieren? Und wer soll das Band reparieren, von dem wir selbst ein integraler Bestandteil sind?

Für Chomsky ist auf ganz persönlicher Ebene die Sprache das entscheidende Mittel, um die Risse in der Menschheit zu reparieren; die Struktur der Sprache ist eine wunderbare Eigenschaft des Lebens, die gleichzeitig stabil und unendlich formbar ist. Darin unterscheiden sich seine Ansichten radikal von denen Jean-Paul Sartres, der meint, dass Worte und Sprache uns von der Welt, wie sie ist, oder wie sie vielleicht sein könnte, trennen. Für Chomsky gibt es zwei mögliche Wege zur Reparatur und um etwas Anderes, etwas Neues, eine neue Ordnungsstruktur oder eine Alternative zu schaffen. Einer ist das gesprochene und geschriebene Wort, das auf eine angeborene Fähigkeit des Menschen zurückgeht. Der andere ist die Sprache des beispielhaften Tuns, dass allgemeine Thesen, beispielsweise über Liebe und Empathie, in der Praxis durch gelebte Erfahrung verdeutlicht werden. In der Politik sind Körper und Geist Werkzeuge, um Körper und Geist zu reparieren. Oberflächlich betrachtet scheint Chomsky zu meinen, dass es einerseits wissenschaftliche Analyse und andererseits Werte gibt, die uns lieb und teuer sind und die wir durch andere gesellschaftliche Mittel verbreiten. In dieser Welt wird der Körper in Kategorien eingeteilt, nach denen Geist und Herz, Denken, Erkenntnis und Urteilskraft von Emotionen und Gefühlen getrennt sind. Ist das nicht das Ziel des modernen Wissenschaftsbetriebes, der hofft, damit Vernunft und Anstand zu verteidigen, eine Reihe »edler Lügen«, die Abgrenzung des Selbst vom Objekt und damit eine pervertierte Objektivität schafft, um den Wissenschaftler und seine Forschung zu schützen, wobei er bewusst an Integration und Ganzheit vorbei arbeitet?

Falls Chomskys Kollegen im Wissenschaftsbetrieb dachten, er wäre bereit, Vernunft als Trennung zwischen Denken, Leidenschaft und politischem Engagement im Sinne eines verantwortungsvollen Lebens zu begreifen, sollten sie sich wundern. Er, der große Rationalist in Handeln und Forschen, sagt, dass es das grundlegende Anliegen von Intellektuellen sein muss, »die Wahrheit zu sagen und Lügen aufzudecken«.1 In der Politik bedeutet das für ihn, Wissen, Macht und Liebe als Grundlage für Recht und Werte zu verankern. Der ideale Intellektuelle hat demnach die Verantwortung, sich vernünftig, mutig und integer zu verhalten, Lügen aufzudecken und die Wahrheit zu sagen. Die Verantwortung eines Menschen über eine en