: Beverly Lewis
: Wonach mein Herz sich sehnt
: Francke-Buch
: 9783868279115
: 1
: CHF 5.40
:
: Erzählende Literatur
: German
: 293
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mitten durch Nellies Herz geht ein Riss. Sie hängt an den Traditionen ihres amischen Glaubens. Dennoch verfolgt sie fasziniert, wie unbeirrt ihre Eltern ihren neu gefundenen, lebendigen Glauben leben. Selbst wenn sie dafür als Abweichler gebrandmarkt werden. Auch von David Yoder, dem Vater ihres geliebten Caleb. Und darin liegt die Tragik für die Liebenden: Der Patriarch bekämpft voller Eifer alle Ausbruchstendenzen und fordert wegen Nellies Familie das Ende ihrer Beziehung. Schließlich kommt der Tag, an dem Caleb vor die Wahl gestellt wird: Sein Erbe oder Nellie. Wofür wird er sich entscheiden? Und kann Nellie dem neuen Glauben dauerhaft widerstehen?

Kapitel 1

Nellie Mae Fisher lud ihre frisch gebackenen Waren auf den langen Schlitten und deckte sie mit einer leichten Plane zu, bevor sie alles mit einem Band sicherte. Sie setzte ihren Winterhutüber ihre Gebetskapp und versuchte, nicht zu tief einzuatmen, während sie den Schlitten durch den Hof und hinab zur Bäckerei hinter dem Bauernhaus ihres Vaters zog. Um ihre Nase vor der eisigen Januarluft zu schützen, schob sie ihr Wolltuch ein wenig höher.

Das weite Land hinter Nellies Bäckerei war unter einer Schneedecke begraben, das Maisfeld, das im letzten Sommer verdorrt war, war jetzt so weiß und perfekt wie die Felder ihrer Nachbarn. Einige große Bäume stachen kahl und gabelförmig im Westen vom Himmel ab, und nur eine Handvoll vereinzelter Blätter hing noch an den Ahornen neben dem Hof. In Nellies Nähe waren einige dürre Maispflanzen stehen geblieben, deren braune Stiele sich bizarr vom Schnee abhoben.

Unser erstes Weihnachten und Neujahr… ohne Suzy.

Nellie Mae seufzte und betrachtete fasziniert, wie der Himmel scheinbar das Tageslicht hinter einem Wall aus grauweißen Wolken zurückhielt, es wegsperrte und der Erde das direkte Sonnenlicht vorenthielt. Sie hatte gehört, wie ihr Vater den gefrorenen Boden mit Eis verglichen und leise zu Mama gesagt hatte, dass nicht einmal der Tod so hart sei wie die Erde auf dem Acker. Bei den schweren Schneefällen der letzten Zeit und der unerbittlichen arktischen Kälte war Nellie ehrlich froh, dass sie Suzys Tagebuch lange vor diesem kalten, langen Wintermonat wieder aus der Erde geholt hatte.

Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie und Suzy als Kinder durch hüfthohen Schnee gewatet waren, ohne dass ihre Mutter etwas davon gewusst hatte, die sonst bestimmt das eine oder andere dazu zu sagen gehabt hätte. Sie hatten sich, genauso wie Rhoda und Nan, in den dunklen Monaten des Jahres nach dem hellen Licht des Sommers gesehnt. Alle vier Schwestern hatten jahrelang diesen Schlitten benutzt und sich auf der Suche nach dem Grün des Frühlings durch den Schnee gezogen. Selbst der Anblick von dunkelgrünen Flechten an einem Baumstamm gab ihnen einen Grund zur Freude.

Ach, wenn der Frühling sich doch beeilen würde!

Nellieöffnete die Tür zu ihrem gemütlichen Laden und begann, die Backwaren für diesen Tag vom Schlitten zu laden. Sofort spürte sie jedoch, dass etwas nicht stimmte. Als sie hinter die Verkaufstheke trat, hockte dahinter die neunzehnjährige Nan mit ihrer besten Freundin, Rebekah Yoder, Calebsälterer Schwester. Die beiden jungen Frauen standen auf.Über ihre Gesichter liefen Tränenspuren, und Nan entfuhren die Worte:„Ach, das ist so ungerecht.“

Verwirrt schüttelte Nellie den Kopf.„Was ist denn?“

„Rebekahs Vater… ach…“ Nan warf einen Blick auf ihre Freundin, die genauso aufgewühlt war wie sie selbst.

Sofort wusste Nellie, warum die beiden sich versteckt hatten.

Rebekah tupfte sich mit einem Taschentuch das Gesicht trocken.„Ich sollte eigentlich nicht hier sein“, gestand sie und seufzte laut.„Seit der Spaltung unter den Amisch ist mein Vater gegen bestimmte Freundschaften.“

Bestimmte Freundschaften?

Nellie konnte nicht verraten, in welch schwieriger Lage sie sich selbst befand, und nickte nur, als Rebekah gestand, dass ihre ganze Familie in derselben Zwickmühle saß wie sie selbst. Sie erklärte nicht weiter, was sie damit meinte, aber Nellie vermutete, dass sie von sich und ihrem Bruder Caleb und auch von Rebekahs Mutter sprach, die bis vor wenigen Monaten oft mit Nellies Mama gemeinsam zu Nähtagen gefahren war.

Nan griff plötzlich nach Nellies Hand.„Hättest du etwas dagegen, wenn Rebekah und ich uns manchmal hier treffen, um miteinander zu reden?“ Nans Augen schauten sie flehend an.

Nellie zwang sich zu einem L